Wer auf den öffentlichen Nahverkehr angewiesen ist, hat oft Probleme, in Randzeiten in ländliche Gebiete zu kommen. Da der Landkreis aber auch keine leeren Busse fahren lassen will, soll nun in einem Pilotversuch der sogenannte On-Demand-Verkehr ausprobiert werden. Erprobt werden die Ruftaxis auf dem Gebiet der Stadt Giengen sowie in der Gemeinde Dischingen. Die Einführung ist zum 15. Dezember geplant.
Übernommen werden sollen die Fahrdienste von örtlichen Taxiunternehmen, denen sich damit eine weitere Einnahmequelle erschließen könnte. Der Ausschuss für Infrastruktur und Umwelt des Kreistags hat jetzt vorberaten, welche rechtlichen Grundlagen es braucht, um die Taxiunternehmen zu beauftragen.
Die Fahrt mit dem Ruftaxi unterscheidet sich von einer normalen Taxifahrt dadurch, dass sie nur von Bushaltestelle zu Bushaltestelle stattfindet, und zwar auf den jeweiligen Linien im Stadtgebiet Giengen und den Teilorten, ebenso in Dischingen und seinen Teilorten bis nach Nattheim. Man kann das Taxi mittels einer App oder telefonisch anfordern, und zwar außerhalb der Fahrtzeiten der Busse. In Giengen wird dies zwischen 5 und 6 Uhr morgens sowie von 19 bis 0.30 Uhr am Abend sowie samstags und sonntags von 7 bis 0.30 Uhr möglich sein.
Mehrere Menschen können mitfahren
Das Ruftaxi kann bei einer Fahrt auch mehrere Fahrgäste mitnehmen, wenn diese auf der gleichen Strecke fahren wollen. Der einzelne Fahrgast bezahlt so viel, wie er für den Bus auf der Strecke auch bezahlen würde (ÖPNV-Tarif). Die Taxiunternehmen wiederum bekommen die Differenz zum festgelegten Taxitarif erstattet. Nicklas Schäfer von der Kanzlei Rödl & Partner stellte dem Ausschuss des Kreistags die rechtlichen Grundlagen ausführlich dar, inklusive einer Berechnung mit mehreren Faktoren, mit deren Hilfe die Einnahmen für das Taxiunternehmen festgelegt werden.
Die zusätzlichen Kosten für das Ruftaxi werden vom Landkreis Heidenheim sowie der Stadt Giengen bzw. der Gemeinde Dischingen jeweils zur Hälfte getragen. Darüber hinaus gibt es eine Förderung vom Land, die im ersten Jahr 50 Prozent beträgt, dann aber bis zum fünften Betriebsjahr jeweils um zehn Prozentpunkte pro Jahr sinkt und dann endet.
Vier Unternehmen mit 19 Taxis
Ende Juli gab es einen Workshop mit lokalen Taxianbietern zu diesem Thema. Vier Unternehmen mit 19 Taxis stehen für den Rufverkehr zur Verfügung. Damit sie die Aufgabe übernehmen können, muss der Kreistag in seiner Sitzung am Montag, 20. Oktober, dem Erlass einer allgemeinen Vorschrift zustimmen, die Sondervereinbarungen mit dem Taxigewerbe enthält. Diese Sondervereinbarung gilt für alle Taxiunternehmen, die in den Pilotkommunen Giengen und Dischingen ÖPNV-Taxifahrten übernehmen.
Laut Anwalt Nicklas Schäfer ist die Vorschrift notwendig, da die Personenbeförderung in Deutschland stark reguliert ist. Nur unter dieser Voraussetzung dürften Taxis im ÖPNV eingesetzt werden. Außerdem könnten so lokale Unternehmen unterstützt werden, eine europaweite Ausschreibung der Dienstleistung wäre dann nicht notwendig. Der Ausschuss für Infrastruktur und Umwelt empfiehlt dem Kreistag die Zustimmung.
Die jährlichen Kosten für den gesamten Pilotversuch werden aktuell auf 280.000 Euro geschätzt. Die tatsächlichen Kosten hängen am Ende aber davon ab, wie viele Fahrten überhaupt stattfinden. Neben den Betriebskosten fallen Kosten an für die Buchungs- und Dispositionssoftware sowie für ein Callcenter, das für Menschen ohne Smartphone oder Internetzugang die telefonische Buchung übernimmt.
Weitere Gemeinden könnten folgen
Den Beschluss für den Pilotversuch hat der Kreistag schon im März 2024 gefasst. Mit der Auswahl der Stadt Giengen und der Gemeinde Dischingen wollte man bewusst ein eher städtisches und ein ländliches Umfeld für den On-Demand-Verkehr testen. Nach einer gewissen Betriebszeit soll die Nachfrage nach den Ruftaxis ausgewertet werden. Danach könnten weitere Teile des Landkreises – natürlich in Abstimmung mit den Kommunen, die auch finanziell zum Rufverkehr beitragen müssen – in das Gebiet der ÖPNV-Taxis aufgenommen werden.