Zug durch die Innenstadt

Hunderte demonstrieren in Giengen für Demokratie und Menschenrechte

Bei einer Kundgebung des Giengener Netzwerks Verständigung sprachen sich zahlreiche Redner gegen Hass und Intoleranz aus. Viele Menschen seien derzeit verängstigt. Wie das Bündnis dem entgegenwirken will.

Rund 500 Menschen demonstrierten nach Angaben der Veranstalter am Samstagvormittag in Giengen für Demokratie und Menschenrechte, gegen Hass und Intoleranz. „Wir sind hier heute zusammen, weil wir zusammen gehören“, sagte Initiatorin Christine Mack bei der abschließenden Kundgebung vor dem Rathaus. Oberbürgermeister Dieter Henle, der die Demonstration zusammen mit Mack auf die Beine gestellt hatte, zeigte sich stolz über die rege Teilnahme. „Wir sind die Mehrheit!“, rief Henle unter Applaus.

Kurz vor 11 Uhr hatten sich auf dem Realschulparkplatz die ersten Teilnehmenden versammelt, unter ihnen viele Stadträtinnen und Stadträte, Delegationen mehrerer Vereine, Freundeskreise und Gruppen von Jugendlichen. Unter Polizeibegleitung bewegte sich der gut 150 Meter lange Zug im Anschluss über die Beethovenstraße und die Burgstraße, danach über den Postberg zum Rathaus. Zahlreiche Menschen trugen Plakate mit sich, auf denen sie sich für Vielfalt und Demokratie aussprachen. Vielfach wurde die Politik der AfD verurteilt.

Redner sprechen sich gegen Hass und für Solidarität aus

Bei der Kundgebung betonte Christine Mack in Namen des Netzwerks Verständigung, für den Erhalt des Wohlstands brauche es „alle, auch die, die Armut und Unterdrückung entfliehen wollen“. Als Vertreter des „Bündnis gegen rechts“ sagte Paul Sigel, rechtsextremes Gedankengut mache „keinen Bogen um die Stadt“. Der 16-jährige Giengener erklärte, Vielfalt sei eine Stärke, die eine Gesellschaft erst ausmache. Derzeit gingen, so Sigel, in einer der größten Protestwellen der neueren Zeit Millionen Menschen in Deutschland auf die Straße, um für „Solidarität statt Hass“ zu demonstrieren und Zeichen gegen menschenverachtende politische Ideen wie die „Remigration“ zu setzen.

Der junge Giengener Paul Sigel mahnte, rechtsextremes Gedankengut mache auch vor Giengen nicht Halt. Markus Brandhuber

Als Vorstandsmitglied der TSG Giengen sprach sich Marc Bartmann dafür aus, sportliche Werte als Maßstab für die Gesellschaft zu nehmen und „das Miteinander in den Mittelpunkt“ zu rücken. „Eine Minderheit will die Menschen gegeneinander ausspielen“, sagte Bartmann mit Blick auf rechtsextreme Bestrebungen. Und: „Das ist das Gegenteil davon, wofür der Sport steht.“ Ulrich Carle, Vorsitzender der DLRG-Ortsgruppe Giengen, forderte die Wahlberechtigten auf, zur Wahl gehen, denn: „Nicht zu wählen ist Unterstützung für Extremisten“. Wenn es heute möglich sei, eigentlich Unsagbares als vermeintlich legitimen Protest zu verbrämen, müsse die Demokratie umso intensiver verteidigt werden, so Carle.

OB Henle und Abgeordneter Stoch zeigen sich stolz über die rege Teilnahme

Der SPD-Fraktionschef im Landtag und Initiator des landesweiten Bündnisses für Demokratie und Menschenrechte, Andreas Stoch, zeigte sich wie OB Henle „stolz, dass wir so viele sind“. Es sei wichtig, dass die bisher schweigende Mehrheit nun Zeichen setze. Durch die rechtsextremen Remigrationspläne hätten viele Menschen inzwischen „konkret Angst“, so Stoch. Es gelte ihnen zeigen, dass sie nicht allein sind, sondern Teil der Gesellschaft.

Friedliche Stimmung, klare Haltung - viele Demo-Teilnehmer wandten sich gegen die Politik der AfD. Markus Brandhuber

Vor 21 Jahren kam Georges Kameni Tcheuffa aus Kamerun zum Studieren nach Deutschland. Damals habe er gedacht, dass er danach wieder zurückmüsse. Es kam anders: Heute ist er Ingenieur, Vater von fünf Kindern und will die Bürgerschaft zu Engagement und zur Mitarbeit an der Stadtentwicklung ermutigen. „Demokratie und Menschenrechte müssen wir mit aller Kraft verteidigen“, so Tcheuffa.

Demokratie und Menschenrechte müssen wir mit aller Kraft verteidigen.

Georges Kameni Tcheuffa, Ingenieur

Die nach dem geheimen Treffen rechtsextremer Politiker in Potsdam durch Recherchen von „Correctiv“ bekannt gewordenen Pläne bezeichnete Friedrich Hartmann vom Zusam-Laden als „unmenschlich und mit dem Grundgesetz unvereinbar“. Mit Blick auf die Träger solchen Gedankenguts sagte Hartmann: „Die dürfen nie das Sagen haben“. Pfarrer Dr. Joachim Kummer von der evangelischen Kirchengemeinde und sein katholischer Kollege Mathias Michaelis erklärten die Menschenwürde zu einem Kern des christlichen Menschenbildes. „Wir in Giengen stehen für Toleranz und Miteinander, für Frieden und Freiheit, für Vielfältigkeit, Integration und Freundschaft“, sagte OB Henle zum Abschluss der Kundgebung.

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