Fairer Handel in Giengen

Hallo, ich bin Nadine

Steffel hatte eigentlich angenommen, dass die Kleinbauern ihre gesamte Ware über eine Fairtrade-Organisation verkaufen. Die Wahrheit aber sieht anders aus.

Hallo, ich bin Nadine

Seit mehr als 30 Jahren schon lebt Elisabeth Steffels Schwester in Ecuador und arbeitet dort auf einer ambulanten Gesundheitsstation. Weit davon entfernet, in Giengen, leitet Steffel selbst seit zehn Jahren die Fairtrade-Steuerungsgruppe der Stadt. Damit kümmert sie sich gemeinsam mit weiteren engagierten Köpfen um diesen Bereich, seit Giengen 2013 zur Fairtrade-Stadt geworden ist. Erst vor kurzem ist Giengen rezertifiziert worden, erfüllt also nach wie vor alle dafür notwendigen Kriterien. Unterschiedliche Aktionen, etwa in Kindergärten oder Schulen, sind nur ein Beispiel dafür.

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Jüngst haben sich nun die Wahlheimat von Steffels Schwester und Steffels Herzensthema überschnitten – in Form eines Besuchs einer Bananenplantage in Ecuador, wo sich Steffel vor Ort anschauen konnte, welche Konsequenzen unsere Einkäufe hier in Deutschland für die Erzeuger tatsächlich haben. „Ich war schon öfter in Ecuador, aber noch nie auf einer Plantage. Das war schon immer mein Wunsch“, erzählt Steffel. Was für eine Plantage, habe dafür erst mal gar keine Rolle gespielt. Weil Steffels Schwester aber schon Kontakte zu einer Bananenplantage in Machala hatte, ging es dorthin.

Auch in Ecuador gibt es FCH-Fans.

Vor Ort traf die kleine Reisegruppe aus Deutschland auf einen Kleinbauern, der zwar in einer Kooperative zusammengeschlossen sei, dem das Land seiner Plantage aber noch selbst gehöre. „Für mich war das noch mal ein Unterschied zu den Großplantagen. Es ist schön, dass es auch noch Kleinbauern gibt“, so Steffel. Beeindruckt gewesen sei sie vor allem von der Zufriedenheit, die der Mann ausgestrahlt habe. Drei Fußballfelder groß etwa sei dessen Plantage gewesen. Seine Bananen verkaufe er unter anderem über eine Organisation, die die Kooperative der Kleinbauern leite, und die einen Teil der Ernte als Fairtrade-Bananen verkauften. Über die Organisation, so erklärt Steffel, erhalten die Kleinbauern immer wieder Fairtrade-Prämien, über die sie frei verfügen dürfen und mit denen sie sowohl die Waschanlagen oder die Verpackungsstationen auf der Plantage erneuern als auch der Gesundheitsstation ein Dach spenden dürften.

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Die Kisten, die auf der Plantage mit Bananen befüllt würden, enthielten immer 18 Kilogramm. Auf dem herkömmlichen Markt verdienten die Kleinbauern damit ein bis drei Dollar, über Fairtrade oder Banafair (die Organisation, die hier in den Weltläden die Bananen verkauft) seien es mit zehn bis elf Dollar deutlich mehr Einnahmen. „Die meisten Fairtrade-Organisationen sind auch biozertifiziert, die Bauern müssen also darauf achten, diese Standards auf ihren Plantagen einzuhalten“, schildert Steffel. Keine Kinderarbeit auf den Plantagen, keine Pestizide und eventuell Mischkulturen statt Monokulturen seien beispielsweise Punkte, auf die geachtet werden müsse.

Geerntet werden könne auf den Plantagen in Ecuador das ganze Jahr über. Steffel hatte eigentlich angenommen, dass die Kleinbauern ihre gesamte Ware über eine Fairtrade-Organisation verkaufen. Die Wahrheit aber sieht anders aus. „Einen gewissen Absatz haben sie bei Fairtrade, die Bananen sind entsprechend gekennzeichnet. Aber natürlich haben sie mehr Bananen, als sie über Fairtrade wegkriegen“, so Steffel. Die restliche Ernte gelte es dann über den herkömmlichen Markt zu verkaufen – also zu einem weit schlechteren Preis. „Ich habe mit jemanden von der Kooperative dort gesprochen. Er hat gesagt, er weigert sich mittlerweile, seine Bananen für einen Dollar zu verkaufen. Mich hat das an die Milchbauern bei uns erinnert, die schon Milch in den Gulli haben abfließen lassen, weil sie es nicht einsehen, für so wenig Geld zu arbeiten.“ Erschwert würden die Bedingungen in Ecuador zusätzlich durch den Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine, ein großer Absatzmarkt sei dadurch weggebrochen.