Leserbrief

Giengen braucht eine finanzpolitische Neuausrichtung

Leserbrief zum Sommerinterview der Heidenheimer Zeitung mit Giengens Oberbürgermeister Dieter Henle:

Die letzte Frage im Interview zielt auf die Finanzlage der Stadt Giengen ab. Den Mahnern hält OB Henle entgegen, dass ihre Aussagen „nur den Mantel der Vorsicht“ tragen. Es geht seiner Meinung nach gar nicht um Vorsicht, sondern um etwas anderes, was auch immer das sein mag. Diese Einschätzung kann ich nicht nachvollziehen, denn die für städtische Haushalte entscheidenden Rahmenbedingungen haben sich jüngst stark verändert und werden sich auch in Zukunft zu Lasten der Kommunen ändern. Beispielhaft seien erwähnt: Explosion der Sozialausgaben (z. B. für Kinderbetreuung), nicht gegenfinanzierte Mehraufwendungen (z. B. Kreisumlage), dramatischer Rückgang der Gewerbesteuereinnahmen (vor allem aus dem interkommunalen Finanzausgleich).

Ich kann nicht erkennen, dass die mittelfristige Finanzpolitik der Stadt Giengen diesen geänderten Parametern Rechnung trägt. Sie fordern geradezu eine finanzpolitische Neuausrichtung. Giengen wird, wie andere Kommunen auch, in Zukunft sich auf kommunale Pflichtaufgaben konzentrieren müssen (Sanierung, Unterhalt von Schulen; Kinderbetreuung; Straßenbau). „Nice to have“-Großprojekte (neues Dienstleistungszentrum, Boulevard durchs Steiff-Areal) kann es vorerst nicht mehr geben. Eine Überprüfung der Strategie unter den neuen Vorzeichen und daraus abgeleitet neue, gegebenenfalls angepasste Ziele, ist angesagt. Und das ist nichts Ungewöhnliches. Es würde von Verantwortungsbewusstsein zeugen. Denn unser Giengen muss langfristig wirtschaftlich, ökologisch und sozial stabil und widerstandsfähig bleiben.

Zum Schluss ein Vorschlag: Rücklagen in Höhe von 13 Millionen Euro klingen respektabel. Doch wo sind sie denn gebunden? Liegen sie auf Bankkonten und sind unproblematisch verfügbar? Oder sind sie in Unternehmensbeteiligungen gebunden und somit nicht schnell zu Geld zu machen? Das Vorlegen einer kaufmännischen Bilanz würde darauf eine Antwort geben.

Ulrich Werner, Giengen