Wunschkonzert

Diese Stücke waren auf der Setlist der Orgelmatinee in Giengen

In der Giengener Stadtkirche wurden schon am dritten Advent Wünsche erfüllt. Organist Christoph Kuppler beeindruckte mit musikalischen Gegensätzen.

War früher wirklich alles besser? Oder war es früher so, dass man Projektionen der Zukunft nur bloße Wunschgedanken waren? Die Fragen drängten sich am späten Sonntagvormittag in der Giengener Stadtkirche förmlich auf. Nicht im Gottesdienst, sondern im Anschluss, als Kantor Christoph Kuppler bei der Orgelmatinee groß aufspielte.

Aber zurück zu den beiden Eingangsfragen: In den 1980ern stellten sich offenbar selbst Heavy-Metal-Bands die Zukunft als ruhmreich vor, als Zeit, in der alle in Glückseligkeit leben. Nicht anders kann der Text der Formation Helloween im Lied „Future World“ interpretiert werden. Was Helloween wohl heute texten würde? Oder Michael Jackson, wenn er heutzutage ein epochales Werk wie „We are the world“ komponieren würde, angesichts der Irrungen und Wirrungen nicht nur in den US-amerikanischen Staaten? Auf Antworten darauf wird man vergeblich warten.

Festzuhalten bleibt: Beide Stücke, die Organist Christoph Kuppler auf die Setlist des Orgelwunschkonzerts für den dritten Advent genommen hatte, funktionierten ebenso fabelhaft wie all die anderen Stücke, die Kuppler eigenen Worten zufolge aus einer immer größeren Liste an Vorschlägen ausgewählt hatte.

Erst Prügel, dann Leichtigkeit

Das Wunschkonzert beeindruckte nicht zuletzt wegen der dargebotenen Bandbreite und der Gegensätze der ausgesuchten Wunschstücke. Bei Thierry Escaichs „Evocation No. 2“ hielt Kuppler Wort, als er ankündigte, auf das Publikum musikalisch einprügeln zu wollen, um dann mit „Espresso macchiato“, dem ESC-Song von Tommy Cash, Leichtigkeit zu versprühen.

Unter den Wünschenden scheint es eine größere Bandbreite an Fans von klassischer Musik zu geben: Händel, Mozart, Bach oder Mendelssohn machten etwa ein Drittel der dargebotenen Stücke aus. Etwas ausgefallener dagegen schon das „Pseudo Silk Kimono“ der Band Marillion oder die Melodie von „Michel aus Lönneberga“, komponiert von Georg Riedel. Bei „Jugendstilorgel meets Synthesizer“ hätte man – wenn er nicht vorher verraten hätte, dass es um Interpretationen von Jean Michel Jarre gehen wird – den Eindruck gewinnen können, Kuppler intoniere ein Lied der Band Kraftwerk.

Gemein hatten alle erfüllten Wünsche: Wer eine Link-Orgel hat, auf der er spielen kann, kann auch mal auf Schlagzeug, E-Gitarre oder Bass verzichten.

Von Schweben bis zu grandiosem Klanggetöse

Die Stadtkirche beherbergt mit ihrer Link-Orgel mit 51 Registern die wohl bedeutendste Orgel der Spätromantik im Bereich der württembergischen Landeskirche. Als eine der wenigen größeren Orgeln dieser Zeit ist das Giengener Instrument nahezu original erhalten geblieben. Im Jahr 1906 wurde sie von der ortsansässigen Orgelmanufaktur Link erbaut und zum hundertjährigen Bestehen restauriert. Die Jugendstilorgel steht unter Denkmalschutz.

Ihre Klangbreite reicht von ganz leisem, kaum wahrnehmbarem Schweben bis zu grandiosem Klanggetöse mit Posaunen und Trompeten, von tiefsten Tönen, deren Schwingungen im Bauch spürbar sind, bis zu hohen Tönen an der oberen Hörgrenze.