Arzneimittel-Versorgung

Darum wurde die Brücken-Apotheke in Giengen geschlossen

Die Brücken-Apotheke in Giengen hat dauerhaft geschlossen. Die Mitarbeiterinnen werden fast ausnahmslos an anderen Standorten weiter beschäftigt. Was die Schließung für die Medikamenten-Versorgung in Giengen bedeutet und warum die Apotheke nicht mehr zu halten war:

Für die Giengener Bewohnerinnen und Bewohner südlich der Bahngleise dürfte sie für viele Jahre die erste Anlaufstelle bei der Versorgung mit verschreibungspflichtigen und rezeptfreien Arzneimitteln gewesen sein: die Brücken-Apotheke an der Ulmer Straße 55. Die Apotheke, die zum Verbund der Dr. Schneider Apotheken in Giengen und Dillingen gehört, ist jetzt geschlossen. Nicht vorübergehend, sondern dauerhaft. Ibuprofen, Blutdrucksenker, Salben, Sprays und andere Heil- und Arzneimittel müssen an anderer Stelle in Giengen besorgt werden.

„Der Schritt ist uns nicht leichtgefallen, aber die steigenden Kosten bei politisch gewollten immer geringer werdenden Erträgen führen dazu, dass wir den Standort nicht mehr betreiben können“, ist an der Eingangtüre zu lesen.

Anforderungen und Lage unter anderem Gründe für Schließung

Auf Nachfrage erklärt Betreiber Dr. Matthias Schneider: „Wir waren an einem Punkt angelangt, an dem der Standort nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben war. Ich musste leider reagieren und die Reissleine ziehen.“ Es sei unter den gegebenen Rahmenbedingungen schwer, die Mitarbeitenden „vernünftig zu bezahlen“. Die Anforderungen, aber auch die Lage führten dazu, dass der Standort am südlichen Ende der Brücke über die Bahnschienen an der Ulmer Straße nicht mehr zu halten gewesen sei.

Ursächlich für die Schieflage vieler Apotheken seien unter anderem die bürokratischen Aufgaben und der Kassenabschlag. Der Abschlag für verschreibungspflichtige Arzneimittel wurde 2016 gesetzlich auf 1,77 Euro pro Packung festgelegt und zum 1. Februar 2023 auf 2 Euro erhöht. „Die 23 Cent, die wir zusätzlich abführen müssen, klingen zwar wenig. Bei der Menge an Medikamenten, die wir an die Kundinnen und Kunden abgeben, kommt da aber eine große Summe jeden Monat zusammen“, sagt Schneider.

Kundschaft beruhigt, dass Angestellte weiter beschäftigt werden

Die Kundschaft sei nicht erfreut gewesen über die Schließung, die Ende März erfolgt war. „Verärgert war aber niemand. Eher schon beruhigt, als sie hörten, dass die Mitarbeiterinnen nahezu vollständig weiter beschäftigt werden“, sagt der Apotheker. Die Angestellten würden an den anderen Standorten weiter beschäftigt. „Darüber bin ich natürlich froh. Und auch über die Tatsache, dass wir in Giengen mit der Engel-Apotheke im Einkaufscenter an der Heidenheimer Straße weiter vertreten sind“, sagt Schneider. Eben jene Engel-Apotheke muss nun mit der Bären-Apotheke an der Marktstraße 23 die Versorgung mit Arzneimitteln in Giengen abdecken.

Erste Apotheke in Giengen schon 1606

An der Marktstraße hatte auch Giengens erste Apotheke ihren Sitz: Im Jahr 1606, also noch vor dem Stadtbrand, errichtete Apotheker Georg Schmidt aus Bernstein bei Ulm an der Marktstraße 27 die erste Einrichtung dieser Art in der damals noch Freien Reichsstadt. 1664 wurde an der Niederen Gasse 6 eine weitere Apotheke von Georg Grimmel eröffnet.

Nachdem 1705 einer der beiden Apotheker ertrunken war, ging der Besitz des Ertrunkenen auf den anderen Apotheker über – mit dem Ergebnis, dass bis 1794 nur noch eine Apotheke geöffnet hatte. Auch von 1860 bis 1950 gab es bei den Apotheken nur eine Anlaufstelle in Giengen.

1950 eröffnete an der Burgstraße die heute nicht mehr existierende Mohren-Apotheke, 1964 am Postberg die Barbarossa-Apotheke (heute Bären-Apotheke) an der Marktstraße, 1973 die Bahnhof-Apotheke an der Ulmer Straße.

Deutschland weit unter Durchschnitt

Ende des vergangenen Jahres gab es fast 500 Apotheken weniger als ein Jahr davor. Diese Zahlen veröffentlichte die Bundesvereinigung Deutscher Apothekenverbände. 2023 seien 559 Apotheken geschlossen und 62 neu eröffnet worden. Deutschlandweit gab es zum Jahresende demnach noch 17.571 Apotheken, wohl der niedrigste Stand in der Geschichte der Bundesrepublik.

Mit einer Apothekerdichte von 21 Apotheken pro 100.000 Einwohnern liege Deutschland weit unter dem europäischen Durchschnitt – auf Platz 32.

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