„Bis zum letzten Tag“: Was den Verein ausmacht und wie gefeiert wird
Die Stimmung passt einfach. Jeder kann mit jedem, ganz unabhängig vom Alter. Es wird viel gelacht bei einem der letzten Treffen des Organisationsteams vor den großen Feierlichkeiten, vor allem, als Hans Räpple, einer der „Oldies“ der Runde, wie er sagt, erklärt: „Wir werden das bis zum letzten Tag machen und schwarz-weiße Luft atmen.“
Klar klingt das wahnsinnig pathetisch. Letztlich aber spürt man vor Ort genau das: Die Mitglieder des RSV leben diesen Verein – und nur so war es überhaupt möglich, ihn 100 Jahre lang erfolgreich zu führen. Dass zu diesem Anlass so richtig gefeiert wird, kann sich der RSV nicht nehmen lassen, ist er neben dem Sport schließlich auch für seine Feste, als Beispiel sei nur das Weinfest genannt, bekannt. Jeder, der schon mal da gewesen sei, lobe es, so der Tenor, dass es der RSV krachen lassen könne. „Wenn die Wände hier sprechen könnten . . .“, sagt Räpple schmunzelnd.
Lore Renner „die gute Seele“ des Vereins
Weil sie es nicht können, übernehmen also Räpple, unter anderem ehemaliger Vorsitzender des Vereins, und sein Team. Neben ihm sitzt Lore Renner, „die gute Seele“ des Vereins – da sind sich alle einig. Mitunter ihretwegen wurde im August 1978 die Gründung einer Frauen-Gymnastikgruppe beschlossen, noch heute seien Mitglieder vom ersten Tag dabei. Zwischen 70 und 85 Jahren alt seien die Frauen.
Die Gymnastikgruppe ist nur eine von vielen, die im Laufe der Jahre neu beim RSV hinzugekommen ist. Piloxing, Dance-Workout, Kinderturnen, seit vergangenem Jahr auch Yoga: Der Verein versucht, am Puls der Zeit zu sein. „Wir werden uns für die Zukunft Gedanken machen müssen, wie ein Sportverein noch funktionieren kann“, betont Fabian Steinmetz, einer des vierköpfigen Vorstandsteams und mit 34 Jahren ein noch ziemlich junges Vorstandsmitglied. Die alten Hasen der Runde jedenfalls sind mehr als stolz darauf, einen so jungen Vorstand zu haben. Was dem rund 550 Mitglieder zählenden Verein fehle, sei indes, das Alter betreffend, das Mittelfeld.
Manche Ämter beim RSV aufgesplittet
Um alle Posten besetzen zu können, setzte der Verein in der Vergangenheit etwa darauf, einzelne Ämter aufzuteilen. „Früher sah das Ehrenamt noch anders aus. Wenn jemand in ein Amt gewählt worden ist, hat er es oft 15 bis 20 Jahre gemacht. Heute sind es circa sechs Jahre“, vergleicht Hans-Georg Maier, der schon immer beim RSV dabei ist und sämtliche Ämter bekleidet hat. Bei den Hauptversammlungen, ergänzt Räpple, kämen heute nur noch höchstens zehn Prozent der Mitglieder, früher sei das ganz anders gewesen. Zudem bedauert er, dass vor allem wegen der Pandemie immer weniger der Rentner ins Clubhaus kommen, um beieinander zu sein. „Früher haben wir hier sechs Mal pro Woche aufgehabt, heute nur noch am Mittwoch“, sagt Räpple.
RSV-Clubhaus immer in Eigenregie geführt
Bemerkenswert daran ist vor allem, dass der RSV das Clubhaus immer in Eigenregie gestemmt hat, Lore Renner beispielsweise blickt mittlerweile auf 50 Jahre Dienst zurück. Momentan wird das Clubhaus auf Vordermann gebracht, die vielen Jahre haben auch hier ihre Spuren hinterlassen.
Aushängeschild des RSV ist längst der Fußball, hier aber zeichnet sich ebenfalls schon länger eine Veränderung ab. Spielgemeinschaften mit Burgberg oder bei den Frauen mit Sontheim zeigen, dass es nicht mehr all zu leicht ist, eine ganze Mannschaft stellen zu können. Begonnen mit dem Fußball hat es 1930, als beschlossen worden war, den 1923 gegründeten Radfahrverein mit den Fußballern zusammenzulegen und künftig als Rad- und Sportverein „Wanderlust“ Hohenmemmingen aufzutreten. Leichtathletik übrigens gehörte damals ebenfalls zum Verein.
Dem Radsport widmet sich beim RSV heute niemand mehr, lediglich die Männer der Gymnastikgruppe drehen im Sommer ihre Runden. Schön aber ist, dass die Fahne von damals noch heute existiert. Kostenpunkt damals, 1923: 1,5 Milliarden Mark. Alle Mitglieder stifteten Getreide oder Geld, um auf den Betrag zu kommen. Angefertigt hat die Standarte dann die Taubstummenanstalt Dillingen/Donau. Einige Jahre und Meisterschaften später wurden die Feierlichkeiten zum 30-jährigen Bestehen noch mit einem Radrennen eröffnet.
Zum DFB-Pokalfinale nach Berlin
Meilensteine für den Verein in 100 Jahren gab es einige. Ob Flutlichtanlage, neue Sportplätze oder die Umbauten des Vereinsheims, Titel, Feste oder neue Sportarten: Es bewegte sich immer etwas in Hohenmemmingen. Unvergessen bleiben Geschichten wie die, dass einige RSVler 1987 durch Dieter Renner, ehemaliger RSV-Spieler und später Trainer der Stuttgarter Kickers, für vier Tage in Berlin weilte, wo die Kickers gegen dem HSV im DFB-Pokalfinale antraten.
Markus Maier, Abteilungsleiter Fußball, ist dankbar, dass es den Verein auch nach 100 Jahren noch gibt und weiterhin geben wird: „Wenn man hier eine Weile dabei gewesen ist“, sagt er, „kommt man nicht mehr davon weg.“