Leserbrief

Auch in Giengen erst Netzausbau, dann weitere Windräder

Leserbrief zum Aus für Windkraftanlagen am Kirnberg bei Giengen:

Der Kommentator der Heidenheimer Zeitung lobt die Stadtverwaltung Giengen und die Initiative „Bürger für Giengen“ dafür, dass keine Seite versucht habe, die andere mit Scheinargumenten schlecht dastehen zu lassen. Mir scheint aber eben dies bei dem Kommentar der Fall zu sein: Wegen der Klimaerwärmung müssten wir für eine lebenswerte Zukunft den CO2 -Ausstoß senken und bei aus anderen Gründen abgeschalteten AKW auch die Kohle- und Gaskraftwerke abschalten und rein auf Erneuerbare setzen.

Diese Argumentation hat den Fehler, dass sich auf dem Weg der Argumentation das „wir“ ändert: Ist es am Anfang die Menschheit, ist es am Ende „wir Deutsche“, denn Deutschland ist die einzige Wirtschaftsnation, die diese Energiewende bei abgeschalteten AKW versucht.

Des Weiteren wird unterstellt, dass diese Wende umso eher gelingt, je mehr Windkraftanlagen gebaut werden. Das Gegenteil ist der Fall: Immer mehr Erneuerbare müssen bei Hellbrise vom Netz genommen werden, und immer mehr Strom muss von den Nachbarn bei Dunkelflaute importiert werden, denn das Stromnetz muss immer sehr genau im Gleichgewicht von Angebot und Nachfrage gehalten werden.

Unser Netz kann schon jetzt nur durch die Hilfe der Nachbarn stabil gehalten werden, sei es, dass sie Strom liefern oder ihn uns abnehmen. Beides kostet uns bares Geld. Wir sind vom Stromexporteur zum Stromimporteur geworden. Wir Deutschen retten das Klima nicht, wir stehen aber im internationalen Wettbewerb. Wenn man darauf verweist, dass zum Beispiel China noch viel mehr Erneuerbare baut als wir, so verschweigt man, dass dies bei laufenden AKW und Kohlekraftwerken geschieht, die China einen enormen CO₂-Ausstoß bescheren und einen Strompreis von vier Cent. Mit unseren 40 Cent verlieren wir sämtliche energieintensiven Industrien.

Es ist schon seltsam, dass der Kommentator von denen, die vor dieser Wende gewarnt haben, nun, da wir in der Patsche sitzen, Lösungsvorschläge verlangt. Einen kann man allerdings nennen: Bevor man immer mehr Windräder auch an ungeeigneten Standorten aufstellt, sollte man zunächst einmal das Netz ausbauen. Sonst wird das in der Tat nichts.Karlheinz Böhler, Gerstetten