In den vergangenen Wochen scheint es so, als könne sich die Gemeinde Gerstetten kaum vor Bauvorhaben retten: Der Umbau des Dettinger Rathauses zum Ärztehaus ist fast abgeschlossen, für das Gerstetter Feuerwehrgerätehaus fand kürzlich der Spatenstich statt und Anfang Dezember wurden Pläne für einen Supermarkt, einen Fachmarkt und neue Wohnungen an der Bismarckstraße vorgestellt. In der jüngsten Sitzung des Gemeinderats ging es dann gleich munter weiter: Jürgen Beyrle von der Firma Hebel Wohnbau aus Heidenheim durfte sein angedachtes Projekt zwischen Blücherstraße und Hauffstraße im Westen von Gerstetten vorstellen.
Auf einer Freifläche sollen dort vier Gebäude errichtet werden, mit insgesamt 36 Wohnungen. „Das Grundstück haben wir Anfang des Jahres angeboten bekommen“, sagt Beyrle dazu, im Juli habe man den Kaufvertrag unterschrieben und erste Gespräche mit der Gemeindeverwaltung geführt. Für ihn sei das Grundstück interessant gewesen, „weil es so zentral liegt und die Ortsmitte fußläufig zu erreichen ist“.
Das von Beyrle vorgestellte Bebauungskonzept enthält auf einer Fläche von 3900 Quadratmetern vier Wohngebäude mit je drei Stockwerken und neun Wohneinheiten. Insgesamt sind 12 Zwei-Zimmer-Wohnungen mit einer Größe von circa 52 Quadratmetern, 12 Drei-Zimmer Wohnungen mit einer Größe von circa 75 Quadratmetern und 12 Drei-Zimmer Wohnungen mit einer Größe von circa 85 Quadratmetern vorgesehen.
Anfahrt von Norden
Beyrle erklärte, dass auf der Südseite der Gebäude Balkone und Grünanlagen vorgesehen sind, die Erschließung soll auf der Nordseite erfolgen. Dort sind beidseitige Zufahrten vorgesehen, dazu eine Tiefgarage mit zwei getrennten Zugängen und barrierefreie Hauseingänge. Vermutlich wird durch die örtliche Topografie bei der Erschließung eine Böschung am Nordrand des Grundstücks entstehen. Denn das Baugrundstück fällt laut Beyrle von Süden nach Norden ab und „hängt in der Mitte auch etwas durch“. Um die neue Straße ohne zu große Steigung zur Tiefgarage führen zu können, müsse diese also etwas erhöht liegen.
Beyrle betonte, dass alle Gebäude unterhalb der maximalen Höhe der südlich gelegenen Wohnhäuser bleiben würden. Zusammen mit den abschließenden Flachdächern wurden sie einen „eher geduckten Eindruck“ abgeben.
Pro Wohnung ist ein Stellplatzschlüssel von 1,35 vorgesehen. Laut Beyrle zeigt die Erfahrung, dass der mindestens erforderliche 1-zu-1-Schlüssel oft zu gering sei und der optimale Wert zwischen 1 und 1,5 liege. In Gerstetten will er entweder mit 32 Tiefgaragenplätzen und 17 offenen Stellplätzen arbeiten oder mit 36 Plätzen in der Tiefgarage und 13 vor den Gebäuden.

Manche Details sind noch offen
Für diese Pläne gab es Lob aus den Reihen des Gemeinderats. Franz Kraus (FWV) nannte das Projekt „sehr schlüssig und sehr begrüßenswert“. Das Vorhandensein von bezahlbarem Wohnraum sei heute zu einem wichtigen Standortfaktor geworden. „Und hier ist das optimale herausgeholt worden“, so Kraus weiter.
Frank Schied (Grüne und Unabhängige) wollte wissen, ob es die Flachdächer zur Rückhaltung von Regenwasser auch begrünt werden würden, was Beyrle bejahte. Schieds zweite Frage war, ob im Außenbereich oder in der Tiefgarage auch Lademöglichkeiten vorgesehen seien. Dazu wollte Beyrle noch keine abschließende Aussage treffen; seiner Erfahrung nach sei die Stromversorgung nicht allerorts ausreichend, um eine große Anzahl von Fahrzeugen gleichzeitig zu laden. Ein dahingehender Ausbau würden die Energieversorger nicht eigenwirtschaftlich machen, weshalb das zu den Kosten hinzukommen werde. Für sinnvoll erachtet Beyrle stattdessen „intelligente Ladestationen“, die die verfügbaren Stromreserven ja nach Ladestand der einzelnen Fahrzeuge verteilen würden.
Simon Illenberger (Grüne und Unabhängige) fragte nach, ob die Uhlandstraße im Zuge des Bauprojekts bis zur Blücherstraße verlängert werde. In diesem Stadium des Plans sei das nicht der Fall, antwortete ihm Bauamtsleiter Hannes Bewersdorff, es sei aber nicht ausgeschlossen, dass es dort in Zukunft weitergehen werde.
Neuer Bebauungsplan nötig
Bevor die Pläne Realität werden können, gibt es aber noch eine Hürde zu überwinden: Denn die Konzeption ist nicht konform mit dem Bebauungsplan „westlich der Völlstützstraße“ von 1963, der auf dem Gelände gilt. „Damals hat man die Baufläche sehr begrenzt bestimmt, was nicht den heutigen politischen Forderungen entspricht“, sagte Beyrle. Diese Meinung brachte auch Bewersdorff zum Ausdruck: „Der Bebauungsplan ist viel zu restriktiv formuliert“. Als Beispiele führte er die Vorgabe der Zweigeschossigkeit auf und den Fakt, dass nur ein Viertel der Grundstücksfläche überbaut werden dürfe. Heutzutage sei selbst bei klassischen Wohngebieten eine Überbauung von 40 Prozent erlaubt, im Fall des Gerstetter Projekts würden wohl 60 Prozent nötig sein.
Also muss ein neuer Bebauungsplan her. Da der bestehende bereits Wohnbebauung enthalte, lasse sich ein neuer im beschleunigten Verfahren aufstellen, so Bewersdorff. Dadurch werden auch die Verfahrenskosten gering bleiben, aber die solle ohnehin der Verfahrensträger übernehmen.
Für den Vorschlag der Verwaltung, einen neuen Bebauungsplan für das Gebiet und dazugehörige örtliche Bauvorschriften aufzustellen, stimmte der Gemeinderat schließlich einstimmig bei einer Enthaltung.


