Die Nervosität steigt schon – die Vorfreude auch. Sowohl bei den jungen Reiterinnen, als auch bei der Trainerin. Seit drei Jahren kann beim Reit- und Fahrverein Gerstetten neben dem Reiten auf echten Pferden auch das Reiten auf Steckenpferden erlernt werden. Jeden Donnerstag wird in der Halle des Vereins von 16.45 bis 18.15 Uhr Hobby Horsing (Hobby Horse ist englisch für Steckenpferd) trainiert.
Das ist nicht nur ein großer Spaß für alle Beteiligten, sondern ein regelrechter Trendsport, der ursprünglich aus Finnland stammt. Deutschlandweit gibt es mittlerweile Turniere und auch Deutsche Meisterschaften, auf denen sich sowohl Kinder als auch Erwachsene miteinander messen. 2026 wird in Prag die erste Europameisterschaft stattfinden.

Nicht nur das Vokabular beim Hobby Horsing deckt sich mit dem echten Reitsport: Es gibt Schritt, Trab, Galopp, es wird Dressur geritten und auch über Hindernisse gesprungen. Ausgeführt wird all das aber nicht von einem Pferd, sondern von den Reiterinnen selbst. Auf zwei Beinen und mit Steckenpferd dazwischen. Und darum geht es auch am 25. Oktober und 26. Oktober in Gerstetten. „Es reizt die Mädchen unheimlich, ihr Können auf Turnieren zu zeigen“, sagt Carmen Grüninger, selbst seit fast 40 Jahren Reitlehrerin. Mehrmals pro Jahr geht sie daher mit ihren Schützlingen an den Start – meistens auswärts, aber jetzt soll es ein Heimspiel geben. Schon im vergangenen Jahr wurde ein Hobby-Horsing-Turnier in Gerstetten ausgerichtet, allerdings neben einem regulären Reitturnier. Dieses Jahr steht das Wochenende Ende Oktober nun ganz im Zeichen des Steckenpferds.
Prüfungen und Schnuppertraining in Gerstetten
Vor Ort wird an beiden Tagen eine Richterin sein, die sowohl Turniere mit echten Pferden, als auch mit Steckenpferden richtet. Wie im echten Reitsport gibt Prüfungen, bei denen im Team gehüpft werden kann, wie beim Synchron- und Stafettenspringen. Und natürlich gibt es auch eine Dressur-Prüfung in verschiedenen Schwierigkeitsstufen. „Es können auch Kinder mitmachen, die bislang noch keine Erfahrungen haben“, sagt Carmen Grüninger. „Das ist wie ein Schnuppertraining, bei dem man das Hobby Horsing einfach mal ausprobieren kann und ein Feedback bekommt.“ Zuvor gibt es eine einstündige Einführung in den Trendsport, in der erklärt wird, worauf es ankommt und wie man den Stab des Steckenpferdes richtig hält.

Grundsätzlich geht es bei der Dressur wie im echten Reitsport um das möglichst präzise und elegante Ausführen der Hufschlagfiguren, also vordefinierten Linien und Bewegungsmustern innerhalb eines festgelegten Dressurvierecks. Haltung und Zügelführung werden ebenfalls bewertet. Beim Zeit- und Stilspringen müssen die jungen Talente mit ihren Steckenpferden verschiedene Hindernisse überwinden. Bei letzterem geht es auch darum, wie harmonisch der Parcours bewältigt wird. „Geht man die Wege rund, springt man die Hindernisse mittig an, kommt man mit dem richtigen Fuß auf“, zählt Carmen Grüninger auf.

Auch Hochsprung ist eine Disziplin beim Turnier. Der Weltrekord liegt aktuell bei 1,42 Metern. So hoch sprang eine 14-jährige Hamburgerin auf ihrem Pferd „Olaf“ vor zwei Jahren bei den Norddeutschen Meisterschaften. Ganz so hoch wird es in Gerstetten vermutlich nicht werden. „Aber es ist phänomenal, wenn man sieht, wie hoch die Mädchen auf dem sandigen Boden in der Halle springen können“, schwärmt Carmen Grüninger.
Körperspannung, Koordination, Konzentration
Grundsätzlich trainiere Hobby Horsing die Körperspannung, die Haltung, die Koordination, die Konzentration und die Ausdauer, so Carmen Grüninger. Es lege aber auch den Grundstein fürs Reiten auf dem echten Pferd. Und das möchten die meisten der begeisterten Steckenpferd-Reiterinnen. Einige sind auch bereits vom Stecken auf den Pferderücken übergewechselt. „Sie tun sich viel leichter, sitzen aufrechter, kennen die Hufschlagfiguren und die Begriffe. Es ist wirklich ein schöner, fließender Übergang zwischen den beiden Sportarten“, so das Fazit der Trainerin. Aber auch wenn die jungen Reiterinnen dann auf echten Pferden sitzen, wollen sie ihr Steckenpferd nicht missen. „Fast alle machen weiter, weil es einfach unheimlich viel Spaß macht.“

Bis Freitag, 3. Oktober, kann man sich für das Turnier noch anmelden. Kurzentschlossene können sich aber auch danach noch beim Reit- und Fahrverein per E-Mail an sportwart@reitverein-gerstetten.de melden. Von den Gerstetter Steckenpferd-Reiterinnen, derzeit sind es zehn Mädchen im Alter von sechs bis zwölf Jahren, werden wohl alle am Turnier teilnehmen, glaubt Carmen Grüninger.
Kein Wunder, denn die Albgemeinde war beim Hobby Horsing absoluter Vorreiter in der Region. In der näheren Umgebung sind auch Turniere bislang eher rar. Das zeigt sich auch an den Anfragen, die Carmen Grüninger bereits erhalten hat: „Manche wollen aus Künzelsau anreisen, andere fahren sogar 180 Kilometer von Bruchsal bis zu uns.“ Und da sind wir wieder bei der Aufregung: „Ich bin wirklich selbst schon sehr gespannt auf das Wochenende“, freut sich die Reitlehrerin. Beim Turnier wird es übrigens auch eine Tombola geben. Der Hauptpreis: natürlich ein Steckenpferd.