In jedem Airbus fliegt ein Teil aus Gerstetten mit, und auch in den meisten europäischen Autos fahren Metallteile umher, die am Albuch hergestellt wurden. Mit diesem Wissen kann die Firma T+H Metallwarenfabrik werben, die in Gerstetten ihren Hauptsitz hat und dort insgesamt drei Gebäude besitzt, zwei im Firmenpark und eines in der Ortsmitte. Ungefähr 220 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gehören zum Unternehmen, der Umsatz belief sich 2024 auf 30 Millionen Euro.
Dieser Erfolg kam natürlich nicht über Nacht, sondern ist das Resultat der Arbeit von vier Jahrzehnten. 1985 wurde die Firma von Manfred Truckenmüller und Günter Hebsacker gegründet, weshalb 2025 auch das 40-jährige Bestehen gefeiert werden kann. Bei dieser Gelegenheit verabschiedete sich Jürgen Truckenmüller, der Sohn von Manfred Truckenmüller aus der Geschäftsführung in den Ruhestand. Aktuell stehen drei Geschäftsführern an der Spitze des Unternehmens: Frank Hebsacker, der Sohn von Günther Hebsacker, arbeite mit den Söhnen von Jürgen Truckenmüller, also Tobias und Andreas Truckenmüller zusammen. Und diese dritte Generation hat große Pläne für das Unternehmen.
Zwei große Geschäftsbereiche
Doch was genau wird dort eigentlich hergestellt? Im Wesentlichen handelt es sich um zwei Wertströme, erklärt Tobias Truckenmüller. Zum einen die Stanztechnologie, die sich durch eine geringe Vielfalt von Teilen und gleichzeitig große Produktionsmengen auszeichnet. Bis zu 30 Millionen Stück im Jahr werden vom manchen Teilen hergestellt. Eingesetzt werden sie im Bereich „Passive Safety Systems“, im Falle von T+H sind das vor allem Bauteile, die das Zugverhalten von Sicherheitsgurten in Autos beeinflussen. „Es gibt nicht viele Hersteller, die das bauen, und den Großteil beliefern wir“, sagt Trückenmüller.
Der andere Wertstrom enthält Metallkomponenten- und Oberflächenbehandlung, laut Truckenmüller der „Gegenentwurf“ zur Stanztechnologie, weil hier eine große Vielfalt an Teilen in kleiner Anzahl hergestellt wird, mit Serien, die zwischen fünf und 50 Teilen enthalten. Diese Teile sind meist aus Aluminium und kommen in der Luftfahrt- sowie der Rüstungsindustrie zum Einsatz, zum Beispiel als Aufhängungen im Kabineninterieur.
Auf Erfolg soll aufgebaut werden
Die dafür nötige Infrastruktur und das Wissen haben Jürgen Truckenmüller, der von 1986 bis 2025 in der Geschäftsführung war, und Frank Hebsacker, der seit 1989 Teil derselben ist, aufgebaut. Die jüngeren Mitglieder der Geschäftsführung, Tobias und Andreas Truckenmüller wollen, laut Tobias Trockenmüller, „die Dinge, die in der Vergangenheit Erfolg brachten, bewahren, aber auch mit unseren Ideen verheiraten und an die aktuellen Herausforderungen anpassen.“
Bewahren will Truckenmüller die inhabergeführte Struktur, den Stammsitz in Gerstetten und die finanzielle Autonomie des Unternehmens: „Wenn wir etwas für sinnvoll erachten, möchten wir das tun, ohne dafür einen externen Geldgeber finden zu müssen. Und wenn wir eigene Entscheidungen treffen, müssen wir auch selber dafür herhalten.“
An neuen Ideen mangelt es Truckenmüller nicht: Zunächst einmal soll das Unternehmen breiter aufgestellt werden, auch in Richtung „Defense“, also in der Rüstungsindustrie. „Wir machen seit vielen Jahren Defense-Teile für unterschiedliche Partner. Das ist ein Umfeld, das sehr nah an ziviler Luftfahrt ist und in dem wir uns wohlfühlen und auskennen“, sagt der 36-Jährige. Vor allem im Sondervermögen Bundeswehr sieht er eine Chance für T+H. „Bis jetzt spricht man viel über hohe Auftragseingänge, aber irgendwann müssen die auch produziert werden.“

Lieferleistung im Fokus
Das größte Ziel aber ist es, in dem Bereich, in dem das Unternehmen schon gut ist, noch besser zu werden. Truckenmüller will die Lieferperformance noch stärker ins Visier nehmen. Über Qualität könne man sich in der Fahrzeug- und Flugzeugproduktion nicht differenzieren, da für alle daran beteiligten Unternehmen bereits sehr hohe Auflagen gelten würden. Über niedrige Kosten könne man sich als auf der Ostalb produzierendes Unternehmen auch nicht definieren. Also bleibe nur die Lieferperformance: „Termingerecht und zuverlässig liefern, dafür tun wir alles und richten alle Prozesse darauf aus“, so der Geschäftsführer.
Bis 2030 soll T+H in diesem Bereich sogar zum Vorzeigeunternehmen werden, „sodass andere Unternehmen zu uns kommen, um sich das anzuschauen“. Natürlich ist das alles kein Selbstzweck, sondern ein Merkmal, dass auch den Kunden und Partnern der Firma auffallen soll. Deshalb freut sich Truckenmüller besonders über den „Diehl Performance Award“, mit dem der Luftfahrtausrüster Diehl Aviation „herausragende Lieferanten“ auszeichnet und den T+H 2024 erhielt.
Neue Führungskultur eingeführt
Dieser Fokus auf strategische Ausrichtung ließ sich nicht immer mit den über zwei bis drei Generationen gewachsenen Strukturen vereinen, berichtet Truckenmüller: „Ab 2023 haben wir Prozesse neu geordnet, alte Strukturen aufgebrochen und Komfortzonen verlassen.“ Trotzdem habe man von Frank Hebsacker und Jürgen Truckenmüller immer sehr viel Verständnis und Offenheit erfahren.
Zu den größeren Brüchen mit der einstigen Ordnung gehört zum Beispiel die neue Führungskultur, die Tobias und Andreas Truckenmüller nach und nach etablieren wollen. Früher habe es in der Firma ein „patriarchalisch geprägtes Umfeld“ gegeben, sagt Truckmüller, und meint damit, dass nur die Geschäftsführer etwas zu sagen hatten.
„Das geht so lange gut, solange das auch der Führungsanspruch der Mitarbeiter ist“, sagt Tobias Truckenmüller. Mit so einer Kultur bekomme man heute aber keine neuen Leute mehr. Außerdem funktioniere jenes Prinzip nur, wenn „der ganz oben auch wirklich alles am besten weiß“.
Statt nur einem oder zwei Köpfen möchten Tobias und Andreas Truckenmüller „alle 200 Gehirne nutzen“ und eine Führungsebene aus Experten aufbauen. „Man muss sehr viel transparenter werden und mehr diskutieren, wenn man den Input von anderen möchte“, sagt Tobias Truckenmüller. „Aber da sind wir auf einem guten Weg.“ Ein Weg, den er noch viele Jahre lang in Gerstetten beschreiten möchte.