Frickingen hält die Tradition hoch: Am Wochenende wird die alljährliche Sichelhenke gefeiert – ein Erntedankfest nach altem Brauchtum und alter Sitte. Roland Grimmbacher und Martin Wirth stehen dem ausrichtenden Schützen- und Gesangsverein vor und sprechen über Zusammengehörigkeitsgefühl, Pflicht an der Vergangenheit und die Macht von Dorffesten.
Herr Grimmbacher, Herr Wirth, am Wochenende feiert Frickingen sein traditionelles Erntedankfest. Als Vorstands-Trio (Marius Amslinger ergänzt das Team) halten Sie die Zügel in den Händen. Sie sind Frickinger Eigengewächse und fest verwurzelt: Gab es für Sie jemals ein Jahr ohne Sichelhenke?
Roland Grimmbacher: Nur zu Corona-Zeiten. Sonst bin ich schon mein Leben lang hier auf der Sichelhenke. Damit wird man im Dorf groß und man ist auch stolz darauf. Es gehört zu unserer Geschichte und ist ein Teil unserer Dorfidentität.
Martin Wirth: Ich bin auch von klein auf hier und kann mich eigentlich an kein Jahr ohne Sichelhenke erinnern. Der Tag ist fest im Kalender markiert und die Freude im Vorfeld ist jedes Jahr groß. Ein Fest wie die Sichelhenke, bei dem das ganze Dorf zusammenkommt und wo noch alte Traditionen hochgehalten werden, gibt es im Umkreis selten. Das ist schon etwas Besonderes.
Aufbau, Deko, Service, Kuchen backen: Die Dorfgemeinschaft stemmt das Fest in Eigenregie. Bis zu 100 Helfer sind im Einsatz. Es scheint noch genügend Ehrenamtliche auf dem Land zu geben.
Roland Grimmbacher: Ja, das klappt bei uns wirklich gut, muss man sagen. Da packen schon die Zehnjährigen mit an – und tragen beispielsweise das Geschirr ab. Die haben eine unheimliche Freude dran. So wachsen sie mit dörflichem Engagement auf. Und es wächst ein Teil Festidentität. Von klein bis groß hilft hier jeder mit – selbst die Senioren sind noch mit dabei. In größeren Orten ist solch ein Netz nicht mehr denkbar.
Martin Wirth: Das ist ja das Schöne: Es ist ein Fest von Frickingen für Frickingen. Sowas ist unheimlich wichtig.
Eins ist in Frickingen immer gleich: Am dritten Wochenende im September ist Sichelhenke. Was denken Sie, wie wichtig ist Tradition und Brauchtumspflege?
Roland Grimmbacher: Das ist immens wichtig. So ein Fest hält das Dorf zusammen. Wir bringen die Leute an einen Tisch, die sich vielleicht nicht so oft sehen, wir lachen zusammen – und vielleicht wird da auch die eine oder andere Befindlichkeit begraben. Für das Miteinander im Ort ist das unheimlich wichtig. Und: Man lernt, dass Engagement etwas Gutes ist und auch Spaß machen kann.
Mit Ihnen, Herr Wirth, hat sich das Führungsteam verjüngt. Sie wollen das Fest in die Zukunft führen?
Martin Wirth: Ja, unbedingt. Wir wollen, dass das Fest weiter bestehen bleibt.
Sich zu engagieren, ist nicht mehr selbstverständlich. Woher kommt der Antrieb?
Martin Wirth: Wenn sich niemand mehr engagiert, stirbt nach und nach alles. Das kann und darf nicht sein. Ich möchte für meine Kinder auch eine Welt, die etwas bietet, die zusammenhält. Hier haben wir im Kleinen die Möglichkeit dazu, mitzugestalten.
Roland Grimmbacher: Ich muss sagen, ich finde das klasse, dass Martin und Marius im Team sind und wir uns damit verjüngen. Die zwei sind vernetzt und haben einen ganz anderen Draht zur Jugend. Wir müssen es schaffen, die jungen Leute miteinzubeziehen. Sonst können Feste wie die Sichelhenke nicht überleben.
Am traditionellen Ablauf mit Einzug der Erntekrone und Vorführungen alter Drehtechniken mit dem Flegel wird seit Jahren nicht gerüttelt. Wie wichtig ist der Blick in die Vergangenheit?
Roland Grimmbacher: Das ist das Herz unseres Festes. Wir haben das Programm in der Vergangenheit etwas gestrafft, aber es soll bestehen bleiben. So war das von Anfang an. Das zu erhalten, ist uns ein Anliegen.
Martin Wirth: Damit zeigen wir, wie wichtig uns Traditionen sind und wir zeigen dem Publikum, welchen Wert Landwirtschaft hat, welchen Einsatz die Landwirte bringen und früher ohne die Technisierung gebracht haben. Wir sollten nicht vergessen, wie unsere Nahrungsmittel produziert werden. Wir wollen einen kleinen Beitrag dazu leisten.
Höhepunkt ist alljährlich der Einzug der selbst gebundenen Erntekrone aus Getreide und Blumenschmuck. Frickinger Jugendliche tragen die Krone in die Halle – eine Ehre?
Roland Grimmbacher: Absolut. Es ist eine Ehre, die Erntekrone in die Halle zu tragen. Und die Jugendlichen sind auch immer stolz darauf. Einmal im Leben muss das als Frickinger schon sein.
So wird in Frickingen gefeiert
Für die Sichelhenke wird am Samstag, 20. September, ab 18.30 Uhr die Maschinenhalle geöffnet. Um 20 Uhr startet das Fest mit dem Einzug der Erntekrone. Es folgen die Vorführungen der Schnitterinnen und Schnitter sowie der Drescher – sie zeigen, wie das Ernten früher vonstattenging. Weiter zeigt die Landjugend ihren Tanz, der Musikverein Dunstelkingen unterhält.
Der Sonntag, 21. September, startet um 9 Uhr mit einem Erntedankgottesdienst in der Festhalle. Ab 11 Uhr gibt es Mittagessen, ein Familiennachmittag schließt sich an. Ab 17.30 Uhr spielen die Original Härtsfelder Musikanten aus Dorfmerkingen.
Alle zwei Jahre ergänzen die Bulldog- und Schlepperfreunde Härtsfeld das Fest. Kommendes Jahr sind sie wieder mit einem Feldtag und der traditionellen Ausfahrt dabei.