Durch Bedarfsverkehr das ÖPNV-Angebot im ländlichen Raum verbessern? Das geht. Und bald ist das auch in Dischingen der Fall. Die Härtsfeldgemeinde ist mit allen sechs Teilorten und den dazugehörigen Weilern neben der Stadt Giengen an der Brenz als Pilotgemeinde auserkoren worden. Das ergaben die Planungen des Kreistags Anfang des vergangenen Jahres. Nun ist das Projekt auf der Zielgeraden: Schon bald können Taxen zu Bushaltestellen in den entlegensten Ortschaften gerufen werden. Und das zum Bustarif – sowie unter einigen Voraussetzungen.
Wann kann man das ÖPNV-Taxi wo rufen?
Am 15. Dezember dieses Jahres beginnt die Testphase für das Projekt in Dischingen und Giengen. Ab dann wird der reguläre Busverkehr durch Taxen ergänzt. Das Taxi kann zu jeder Bushaltestelle gerufen werden. Wichtig ist dabei, dass kein Parallelverkehr zu bestehenden Buslinien entsteht. Ziel ist es, im Stundentakt eine Anbindung anzubieten. Ein Beispiel: Wenn am Eglinger Dorfbrunnen ein Bus um 9 und einer um 11 Uhr fährt, kann ein Taxi um 10 Uhr bestellt werden. Da eine so häufige Busverbindung grundsätzlich nicht gegeben ist, kann auch im Stundentakt bestellt werden – vorausgesetzt, in der Nähe der Bushaltestelle fährt kein regulärer Bus.
Unter der Woche sollen die Taxen von 5 bis 21 Uhr den regulären Busverkehr unterstützen und eine Feinerschließung der Gemeinde mit Fahrten nach oder von Nattheim anbieten. Am Samstag gilt dasselbe ab 7 Uhr. Zwischen 21 und 0.30 Uhr soll von Montag bis Samstag die Achse Heidenheim–Nattheim–Dischingen inklusive der Ortsteile intensiv befahren werden. An Sonn- und Feiertagen beginnt diese gesonderte Zeit bereits um 19 Uhr – aufgrund der geringen Menge an Busfahrten auf das Härtsfeld. Wichtig: Das Taxi soll nicht für Fahrten innerhalb eines Ortsteils dienen, sondern Ortsteile miteinander verbinden oder außerhalb der Feinerschließung bis nach Heidenheim oder umgekehrt bis auf das Härtsfeld fahren. Zudem muss die Buchung spätestens 60 Minuten vor Fahrtbeginn erfolgen.
Wie viel kostet das ÖPNV-Taxi die Fahrgäste?
Für die Fahrten mit dem Taxi gelten die regulären Tarife der Busunternehmen oder des Landes. Sollte kein Monatsfahrschein wie Deutschlandticket, Jugend-BW, Monats-Abo-Karte, Abo Mobil 63 oder das Baden-Württemberg-Ticket vorhanden sein, bezahlt der Kunde den Bustarif und nicht nach Taxameter.
Wie werden die Taxen informiert?
Bestellt werden können die Taxen über eine speziell entwickelte App, über eine Website oder per Telefon. Genaue Daten können noch vor dem Start der Testphase an den Bushaltestellen oder online eingesehen werden. Insgesamt 19 Taxen von vier unterschiedlichen Unternehmen werden für das Projekt bereitgestellt. Freie Fahrzeuge melden sich in der bereitgestellten Dispositionssoftware als verfügbar. Ein Algorithmus sammelt eingehende Anfragen und schickt sie an Fahrer, für die die jeweilige Fahrt am sinnvollsten ist. So wird die beste Route für Fahrer und Kunde ermittelt.
Wie wird das Projekt finanziert?
Das Projekt ist für die kommenden fünf Jahre geplant. Dem Landkreis steht eine Landesförderung von 753.636 Euro zu. Ausgezahlt wird dieser Betrag durch eine jährlich abschmelzende Anteilsfinanzierung – von 50 Prozent im ersten Jahr auf zehn Prozent im fünften Jahr. Im ersten Jahr liegt der Anteil von Kreis und Kommune jeweils bei 50 Prozent, im fünften Jahr zahlen Kommune und Kreis jeweils 45 Prozent. Für Dischingen belaufen sich die Kosten im fünfjährigen Testzeitraum auf geschätzte 264.721 Euro – deckungsgleich mit den Kosten für den Landkreis.
Ob das Projekt nach der Testphase fortgeführt wird, entscheidet sich durch das Feedback der Nutzer, die Zahlen und die Eindrücke der Anbieter. Wie Dischingens Bürgermeister Dirk Schabel berichtet, lebt dieses lernende System (sowohl der Algorithmus als auch die ausführenden Menschen) von Rückmeldungen und einer aktiven Nutzung.
Wie reagiert der Gemeinderat?
In der jüngsten Sitzung wurden dem Dischinger Gemeinderat die finalen Pläne präsentiert. Dieser zeigte sich – abgesehen von einigen Verständnisfragen – begeistert von der Chance, die ländlichste Gemeinde im Landkreis Heidenheim mobiler zu machen. So wurde auch klargestellt, dass Veranstalter auf dem Härtsfeld das ÖPNV-Taxi aktiv bewerben dürfen, um Besuchern die Anreise von außerhalb zu erleichtern.
Wie geht es jetzt weiter?
Im Laufe des Novembers werden die Sondervereinbarungen abgeschlossen. Zudem findet eine Softwareschulung für die Taxiunternehmen statt. Am 15. Dezember erfolgt dann der Start in eine neue Ära. Während des Projekts sind Kapazitäten für Monitoring und Evaluation eingeplant: Es sollen stetig Anpassungen und Nachsteuerungen vorgenommen werden.
Gemeinderat Wolfgang Gayer fasste die Chancen des Projekts für die Gemeinde treffend zusammen: „Neben der Nützlichkeit sticht vor allem eines hervor: Die Gemeinde Dischingen wird als Wohnort durch eine bessere ÖPNV-Anbindung attraktiver. Deswegen kommt das allen zugute.“