Heidenheim hat vieles, befand Kabarettist Philipp Weber, der die Kleinkunst-Gala am Donnerstagabend im Naturtheater eröffnete, aber eines eben nicht: einen Slogan. Verglichen mit den Sprüchen anderer Städte ist das vielleicht auch gar nicht schlimm. Kaiserslautern beispielsweise, wusste Weber, wirbt mit „Wer uns findet, findet uns gut“, Bonn bekundet gar mit minimalistischem Scharfsinn „Die Stadt“. Das sloganlose Heidenheim jedenfalls empfing Philipp Weber großenteils mit verschränkten Armen („Werden Heidenheimer so geboren?“), jedoch sehr aufmerksamen Ohren – die es bei dem Sprechtempo Webers auch braucht – und jeder Menge Lachanfällen.

Webers Streifzug durch die Welt der Werbung und ihre vollmundigen Versprechungen bot immense Pointendichte – Lachen mit verschränkten Armen könnte also durchaus ein Alleinstellungsmerkmal der Heidenheimer sein. Garantie auf Panzer, Gorch Fock als Verteidigungsstrategie, ein Grill namens Genesis nach dem Motto „Es werde Wurst“, Bergabfahrhilfen und Ultraschall im Auto für die rechtzeitige Anzeige für Pinkelpausen, ja, Weber hatte sich schon allerhand einfallen lassen, und genauso, wie er gedanklich von einem Thema zum nächsten hopste, war er auch auf der Bühne unterwegs. Augen und Ohren hatten also gleichermaßen viel zu tun bei seinem gelungenen Vortrag.

Augen schließen, Ohren spitzen hieß es dagegen bei „Robeat“. Bei dem, was der Beatboxer da produzierte, entstanden Bilder einer ganzen Band, einer Autofahrt, Hubschrauber landeten, Darth Vader erschien. Und dabei braucht er dazu nichts als Mund und Nase, aus denen er die unglaublichsten Geräusche zaubert. Ein ganzes Drumset offenbarte sich auf diese Weise dem verblüfften Publikum, und weil das noch nicht genug war, beatboxte er flugs noch die kleine Nachtmusik, das Pippi-Langstrumpf-Lied und „Smoke on the water“ dazu. Und weil das auch noch nicht genug ist, das Ganze noch mit Echo. Den Applaus brauchte er nicht selbst zu produzieren, den gab’s zuhauf von den Zuhörern.

Seinen Ohren nicht trauen wollte sicher so mancher Zuhörer bei den Songs des Duos „Suchtpotenzial“: Da kommen zwei bildhübsche Frauen, bieten herrliche Melodien und Gesangsstimmen und haben dabei Texte wie „Ein Penis macht noch keinen Kerl“. So ein Blatt vor dem Mund stört doch nur, scheinen Ariane Müller und Julia Gámez Martin zu denken, und singen frei von der Leber weg ihren Frust von der Seele über Männer, die Quinoa essen und beim Küssen nach Lipgloss schmecken, über Smoothies, Selfies, Spotify statt Sex, Drugs und Rock ’n’ Roll, ihr Dasein als Punks, die vor dem Einsteigen in den Bus sicherstellen, dass sie auch Hund, Eis und Rollschuhe dabei haben, und schließlich in ihrem feministischen Kampflied gleiche Löhne für Frauen wie Männer fordern, denn „wir sind genauso scheiße wie ihr“. Auch da stellten sich Verblüffung und Begeisterung gleichermaßen im Publikum ein.

Bliebe noch zu erwähnen, dass Philipp Weber, der für Wilhelm Tell, den Reichstag und Stuttgart so schöne Sloganvorschläge hatte, bei Heidenheim leider passen musste. Völlig zu Recht: Heidenheim macht schließlich keine Sprüche. Was ja auch ein schöner Slogan wäre.