Erinnert sich noch jemand an den 80er-Hit „New York – Rio – Tokyo“? Würde es die deutsche Popgruppe „Trio Rio“ noch geben, könnte man das One-Hit-Wonder seit vergangenem Wochenende guten Gewissens in „Dischingen – Köln – Liverpool“ umdichten. Denn seit wenigen Tagen ist klar, dass der deutsche Beitrag für den Eurovision Song Contest (ESC) 2023 die Dark-Rock-Band „Lord of the Lost“ ist. In Liverpool soll sie das Publikum begeistern – in Dischingen hat sie das bereits.
„Lord of the Lost“ bei „Rock am Härtsfeldsee“ Dischingen
2018 trat „Lord of the Lost“ beim Metal-Festival „Rock am Härtsfeldsee“ („RaH“) auf. Ralf Eberhardt vom Veranstalterteam erinnert sich noch gut an den Auftritt der fünf Hamburger: „Damals war die Band in der Szene bekannt, im Mainstream natürlich noch nicht.“ Obwohl die Musiker einer der ersten Acts an jenem Festival-Freitag waren, haben sie laut Eberhardt auf der Bühne eine tolle Show abgeliefert – „echte Rampensäue eben.“ Hinter der Bühne hätten sich „Lord of the Lost“ hingegen entspannt und friedlich verhalten, ein Markenzeichen vieler Genre-Vertreter, wie Eberhardt berichtet.
Beim ESC-Vorentscheid in Köln landete die Band nach dem Jury-Votum zunächst auf dem fünften von insgesamt acht Plätzen. Das Publikum sah die Sache jedoch ganz anders: Ihre Stimmen beförderten „Lord of the Lost“ schnurstracks auf Platz eins und bescherte den Rockern das Ticket zum ESC-Finale in Liverpool. Im vergangenen Jahr holte die Ukraine beim ESC in Turin den Titel, Großbritannien springt aufgrund des Krieges als Gastgeberland ein.
Dank Publikumsvoting auf dem ersten Platz beim ESC-Vorentscheid
Mit der melodisch angehauchten Rock-Nummer „Blood & Glitter“ will „Lord of the Lost“ im Mai die Trophäe abstauben. In den vergangene Jahren kassierte Deutschland mit überwiegend seichten Pop-Nummern fast ausschließlich letzte oder vorletzte Plätze im Finale.
Ralf Eberhardt freut sich für die Band, mit Platzierungs-Prognosen hält er sich jedoch zurück. „Der Wettbewerb ist mittlerweile ein sehr politisches Event geworden. Manchmal hat man den Eindruck, dass es dabei nicht mehr so sehr auf die Musik ankommt. Ich hoffe trotzdem auf einen Platz im vorderen Mittelfeld für die Jungs.“
Wie viele Punkte auch immer „Lord of the Lost“ in Liverpool einsammeln wird, in Dischingen kann man sich gut vorstellen, die Band eines Tages wieder einzuladen. „Wenn man so sehr im Rampenlicht steht, wie die Band aktuell, werden die Gagen natürlich nach oben gehen“, erzählt Eberhardt. Dennoch: Die „Rock am Härtsfeldsee“-Tore würden stets für Bands offen stehen, die schon einmal bei dem Festival aufgetreten sind. Die Kombination ESC und „RaH“ hat sich übrigens bereits bewährt gemacht. Bestes Beispiel: „Lordi“. 2006 gewannen die finnischen Rocker beim Grand Prix in Griechenland, 2017 begeisterten sie am Härtsfeldsee.
Dischingen