Tatwaffe an Lübcke-Mörder verkauft? BGH prüft Teilfreispruch
Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe nimmt heute den Freispruch eines Mannes im Zusammenhang mit dem Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke unter die Lupe. Dem inzwischen 68-Jährigen war zur Last gelegt worden, dem Rechtsextremisten und späteren Mörder Lübckes, Stephan Ernst, die Mordwaffe verkauft zu haben.
Dies sah das Landgericht Paderborn als nicht erwiesen an und sprach den Mann Ende Januar vergangenen Jahres vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung frei. Die Richter verurteilten ihn seinerzeit lediglich wegen des Verstoßes gegen das Waffengesetz zu einer Geldstrafe von 1350 Euro. Die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf legte Revision gegen den Freispruch ein.
Sie macht geltend, dass das Landgericht Verfahrensvorschriften verletzt und Beweise nicht richtig gewürdigt habe: Während des Prozesses hätten sich Umstände ergeben, nach denen man auch den Lübcke-Mörder Ernst als Zeugen hätte vernehmen müssen, erläuterte ein Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft. Eine Aussetzung des Prozesses – Ernst hätte erst nach Rechtskraft des Mordurteils gegen ihn als Zeuge in diesem Verfahren aussagen müssen – sei damals gefordert und vom Landgericht abgelehnt worden.
Fall könnte erneut vor Gericht kommen
Den Verkauf der Mordwaffe samt Munition an den späteren Attentäter im Jahr 2016 hatte der Angeklagte aus Ostwestfalen seinerzeit stets bestritten. Dass er selbst unerlaubt Schusswaffenmunition besessen hatte, hatte er hingegen zugegeben. Lübckes Mörder Ernst hatte den Mann in früheren Vernehmungen beschuldigt, ihm die Waffe für 1100 Euro überlassen zu haben. Ein Urteil wird an einem anderen Tag verkündet werden, teilte ein BGH-Sprecher mit. Sollte der BGH der Revision stattgeben, geht der Fall erneut vor Gericht.
Walter Lübcke war im Juni 2019 auf der Terrasse seines Hauses aus nächster Nähe mit einem Kopfschuss getötet worden. Dafür war der Attentäter Ernst Ende Januar 2021 vor dem Oberlandesgericht Frankfurt zu einer lebenslangen Haftstrafe verurteilt worden. Diese war vom BGH im August vergangenen Jahres bestätigt worden.
Der Mord an Lübcke gilt als erster rechtsextremistischer Mord an einem Politiker in der Bundesrepublik. Lübcke hatte sich für die Aufnahme von Flüchtlingen eingesetzt.