Denkmäler

Schwangau ebnet Weg für Welterbe-Bewerbung Neuschwansteins

Die malerische Kulisse von Schloss Neuschwanstein ist weit über die Grenzen Deutschlands bekannt. Gemeinsam mit anderen Prachtbauten von «Bayern-Kini» Ludwig II. soll es nun Weltkulturerbe werden.

Schwangau ebnet Weg für Welterbe-Bewerbung Neuschwansteins

Die Bewerbung des bayerischen «Märchenschlosses» Neuschwanstein und weiterer Prachtbauten als Weltkulturerbe der Unesco hat eine erste Hürde genommen. Die Bürger der Gemeinde Schwangau im Allgäu stimmten am Sonntag bei einem mit Spannung erwarteten Bürgerentscheid mit ausreichender Mehrheit für einen solchen Antrag.

Der bayerische Landtag hatte bereits 2007 einen Beschluss gefasst, der eine Bewerbung für die Königsschlösser Neuschwanstein, Herrenchiemsee und Linderhof sowie das königliche Jagdhaus am Schachen als Welterbe vorsieht. Seit 2015 ist der Vorschlag unter dem Titel «Gebaute Träume» bei der Unesco in Paris offiziell eingereicht. Im September soll es eine Vorprüfung geben. Die offizielle Bewerbung muss bis zum 1. Februar 2024 eingereicht werden. Eine Entscheidung könnte dann im darauffolgenden Jahr fallen.

Bayerns Kunstminister Markus Blume reagierte nach der Bekanntgabe des Ergebnisses erleichtert. Er sei dankbar für die Entscheidung der Bürgerinnen und Bürger, sagte der CSU-Politiker. «Es ist eine wichtige Entscheidung für die Region und eine gute für Bayern», sagte er. «Das war ein deutliches Votum aus Schwangau für die Welterbe-Bewerbung unserer Königsschlösser. Nachdem die Beschlüsse der anderen Gemeinden bereits erfolgt sind, werde ich den Antrag jetzt unterzeichnen. Er wird dann 2024 eingereicht. Alle gemeinsam überzeugen wir die UNESCO, damit die «Gebauten Träume» Weltkulturerbe werden.»

56 Prozent der Wahlberechtigten für das Projekt

Laut der Gemeinde unterstützten rund 56 Prozent der Wahlberechtigten das Projekt. «Wir sind froh über das Referendum», sagte Bürgermeister Stefan Rinke (CSU). «Damit haben wir den eindeutigen Auftrag der Bevölkerung, die staatliche Initiative aktiv zu unterstützen.» Aus den anderen betroffenen Gemeinden ist kein Widerstand bekannt. Die Gemeinde Ettal, auf deren Gebiet Schloss Linderhof liegt, steht geschlossen hinter der Bewerbung, ebenso wie Garmisch-Partenkirchen (Schachen) und die Chiemsee-Gemeinden. Entsprechende Beschlüsse in den kommunalen Gremien wurden bereits 2017 gefasst.

Hätten die Bürger Schwangaus das Projekt nicht unterstützt, wäre der Zeitplan wohl nicht mehr einzuhalten gewesen. Die Unesco verlangt die Unterstützung der Menschen vor Ort als Voraussetzung für den Welterbe-Status.

Die Bayerische Schlösserverwaltung hatte zuvor für eine Aufnahme in die Liste geworben. «Die Schlösser Ludwigs II. (...) gehören zu den weltweit bekanntesten Bauten Deutschlands. Sie üben auch nach 150 Jahren seit ihrer Entstehung über alle Kulturgrenzen hinweg eine ungebrochene Faszination aus», heißt es auf deren Internetseite.

Viele kritische Stimmen

Da es in Schwangau viele kritische Stimmen gab, hatte der dortige Gemeinderat nicht selbst die offizielle Zustimmung erteilt, sondern legte die Entscheidung in die Hand der Einwohner. Der Bürgerentscheid hat nun nach der offiziellen Feststellung am Montagabend die Rechtskraft eines Gemeinderatsbeschlusses.

Manche Bürger hatten befürchtet, dass das Welterbesiegel noch mehr Besucher als bisher anlocken könnte. Mit normalerweise etwa eineinhalb Millionen Gästen pro Jahr zählt Neuschwanstein bereits zu den größten Touristenattraktionen Deutschlands. Zudem sind Einwohner skeptisch, weil sie aus Denkmalschutzgründen weitere Beschränkungen befürchten, etwa wenn im Umfeld des Schlosses Neubauten errichtet werden sollen.

Der Präsident von Tourismus Oberbayern, Klaus Stöttner, betonte, dass offizielle Siegel der Unesco würde die Möglichkeit schaffen, noch mehr an Kultur interessierte Touristen anzulocken. «Auch wenn wir in Stoßzeiten bereits hohe Gästezuläufe haben, ist es jetzt umso mehr unsere Aufgabe, die Besucherströme zu lenken, Verkehrswege so zu gestalten, dass Einheimische und Gäste entlastet werden und das Erlebnis des königlichen Erbes im Vordergrund stehen kann.»

König Ludwig II. selbst soll sich nach Darstellung der bayerischen Staatsregierung bereits im Jahr 1878 zum langfristigen Erhalt seiner «Märchenschlösser» geäußert haben. «Man soll mir die idyllische Einsamkeit und die romantische Natur, deren malerische Schönheit im Winter noch ungleich größer ist als im Sommer, nicht durch Eisenbahnen und Fabriken stören. Auch für zahlreiche andere Menschen, als ich einer bin, wird die Zeit kommen, in der sie sich nach einem Lande sehnen und zu einem Fleck Erde flüchten, wo die moderne Kultur, Technik, Habgier und Hetze noch eine friedliche Stätte weit vom Lärm, Gewühl, Rauch und Staub der Städte übrig gelassen hat», wird der Monarch auf der Seite der bayerischen Schlösserverwaltung zitiert.

Weltweit 1157 Unesco-Welterbestätten

Die Bauten von Ludwig II. werden in der Geschichte nicht unkritisch gesehen. Dem später wegen angeblicher Geistesschwäche entmündigten Monarchen wird eine «Bausucht» unterstellt, die das vergleichsweise kleine Königreich Bayern in eine Schuldenkrise gestürzt hatte.

Die Unesco hat 51 Denkmäler und Naturschutzgebiete in Deutschland als Erbe der Menschheit anerkannt. Die Welterbeorte sind sehr unterschiedlich: In Augsburg etwa zählt das Wassermanagement-System und in Essen die Zeche Zollverein dazu. Weimar ist gleich zwei Mal vertreten: mit dem Erbe der Design-Schule Bauhaus und dem Ensemble «Klassisches Weimar», zu dem etwa das Goethe Wohnhaus und die Herzogin Anna Amalia Bibliothek gehören. Weltweit gibt es 1157 Unesco-Welterbestätten in 167 Ländern.