Rassistische Beleidigungen überschatten EM-Auftakt
Dieses Mal wollte Youssoufa Moukoko nicht schweigen. Nach dem 1:1 (1:1) gegen Israel zum EM-Auftakt mit zwei Elfmeter-Fehlschüssen berichtete der deutsche U21-Nationalspieler emotional von rassistischen Beleidigungen gegen sich und seinen Teamkollegen Jessic Ngankam auf Instagram.
«Wenn wir gewinnen, sind wir alle Deutsche. Wenn wir verlieren, kommen diese Affen-Kommentare. Jessic hat sie bekommen, ich habe sie bekommen. Solche Dinge gehören einfach nicht zum Fußball», sagte der 18-Jährige nach dem enttäuschenden Remis der deutschen U21-Fußballer am Donnerstagabend im georgischen Kutaissi.
Moukoko (3. Minute) und Ngankam (80.) hatten in der Partie jeweils einen Elfmeter verschossen und damit die Chance auf den wichtigen EM-Auftaktsieg vergeben. «Wir verschießen nicht extra, sondern versuchen, der Mannschaft zu helfen. Wenn man solche Nachrichten bekommt, das ist ekelhaft», sagte Moukoko. Auch Trainer Antonio Di Salvo verurteilte die Kommentare an seine Spieler aufs Schärfste. «Jede Art von Rassismus und Diskriminierung, das ist unterste Schublade, das geht überhaupt nicht», sagte der 44-Jährige. Er sei «persönlich schockiert und enttäuscht».
Chancenwucher zum Turnierstart
Der sportlich unglückliche Start des Titelverteidigers in das Turnier rückte dadurch in den Hintergrund. Dabei hatten die Hoffnungen der Nachwuchs-Auswahl auf den nächsten Titel-Coup nach zuletzt drei Final-Teilnahmen in Serie gleich zum EM-Start einen Dämpfer erlitten. Der Treffer von Kapitän Yann Aurel Bisseck (26. Minute) reichte am Donnerstag vor 2442 Zuschauern im Regen von Kutaissi nur zum Remis – auch weil Moukoko und Ngankam mit ihren Versuchen vom Elfmeterpunkt am guten Keeper Daniel Peretz scheiterten.
Dor Turgeman (20.) hatte Israel in Führung gebracht. Der erhoffte Auftaktsieg gelang Titelverteidiger Deutschland trotz einer fragwürdigen Gelb-Roten Karte gegen Israels Eden Karzev (45.+2) dann nicht mehr. «Wir hatten genug Torchancen, vor allem mit den zwei verschossenen Elfmetern. Jetzt sitzt der Frust natürlich tief. Das war eine vergebene Chance auf den Sieg», sagte Di Salvo beim TV-Sender Sat.1 und fügte hinzu: «Wir haben das Spiel kontrolliert, hatten weitere Torchancen. Es hat die Präzision gefehlt.»
Gegen Tschechien unter Druck
Für die deutsche Mannschaft, die vor dem Turnier zahlreiche Ausfälle von Stammspielern wegstecken musste, geht es am Sonntag mit der Partie gegen Tschechien weiter. Die Tschechen stehen nach dem 0:2 gegen England, dem letzten deutschen Gegner am Mittwoch, ebenfalls unter Druck. «Jetzt sind wir gefragt, die Jungs aufzubauen. Ich muss erstmal mit ihnen sprechen und gucken, was für Worte gefallen sind», sagte Di Salvo mit Blick auf den Einfluss der Beleidigungen auf die nächsten Spiele. Der Coach hatte als EM-Minimalziel das Ticket für die Olympischen Spiele 2024 in Paris ausgegeben, für die sich die drei besten Teams des Turniers neben Olympia-Gastgeber Frankreich qualifizieren.
Moukoko erwischte gegen Israel von Beginn an nicht den besten Tag. Der Torjäger vergab nach dem Elfmeter weitere Großchancen (15./54.) und verhinderte durch eine Abseitsposition auch noch einen Treffer von Josha Vagnoman (37.). «Solche Tage gibt es im Fußball leider. Morgen bist du der Held, heute bist du der Depp», sagte er.
Mit dem schnellen Umschaltspiel und den langen Bällen der Israelis in die Spitze bekam die deutsche Auswahl zunehmend Probleme. Yannik Keitel verlor einen Zweikampf im Mittelfeld – Israels Supertalent Oscar Gloukh von Red Bull Salzburg schickte Turgeman und dieser ließ Bisseck aussteigen und traf. Doch Di Salvos Team kämpfte sich zurück in die Partie und bekam die schnellen Angreifer der Israelis immer besser in den Griff.
Offensiv half eine Standardsituation: Einen Freistoß von Angelo Stiller köpfte Bisseck nahezu unbedrängt ins Tor. Und der Titelverteidiger drängte auf den zweiten Treffer, erst recht in Halbzeit zwei in Überzahl. Gegen die tief verteidigenden Israelis tat sich das Team bei der Suche nach Lücken aber schwer. In der Schlussphase scheiterte dann Ngankam wie zuvor Moukoko vom Elfmeterpunkt. Den Nachschuss setzte Kevin Schade neben das Tor.