Militärputsch? FSB ermittelt gegen russischen Söldnerchef
Der russische Geheimdienst FSB ermittelt gegen Söldnerchef Jewgeni Prigoschin wegen eines versuchten Militärputsches. Prigoschin habe zum Kampf gegen Moskaus Militärführung aufgerufen, teilte das Nationale Anti-Terror-Komitee laut Nachrichtenagentur Interfax mit. Kremlsprecher Dmitri Peskow erklärte, Präsident Wladimir Putin sei über den Fall informiert. «Für so ein Verbrechen ist ein Freiheitsentzug zwischen 12 und 20 Jahren als Strafe vorgesehen», hieß es außerdem in einer Erklärung von Russlands Generalstaatsanwaltschaft. Die Einleitung des Verfahrens durch den Geheimdienst FSB sei «legal und begründet», so die Behörde.
Prigoschin ist der Chef der russischen Privatarmee Wagner. Der FSB rief die Söldner der Truppe dazu auf, Prigoschin festzunehmen. «Wir rufen die Kämpfer der Privatarmee dazu auf, keine nicht wieder gutzumachenden Fehler zu begehen, alle Kampfhandlungen gegen das russische Volk einzustellen, die verbrecherischen und verräterischen Befehle Prigoschins nicht zu befolgen und Maßnahmen zu seiner Festnahme zu ergreifen», heißt es in einer Erklärung des FSB.
Drohungen gen Verteidigungsminister Schoigu
Prigoschin bestreitet den Vorwurf. «Das ist kein bewaffneter Aufstand, sondern ein Marsch für Gerechtigkeit», sagte er in einer von seinem Pressedienst auf Telegram verbreiteten Sprachnachricht. Die Handlungen von Wagner würden den Aktivitäten der russischen Streitkräfte in der Ukraine nicht schaden, fügte er hinzu.
Zuvor hatte Prigoschin Moskaus Militärführung einen Angriff auf seine Söldner-Einheiten vorgeworfen und mit Gegenmaßnahmen gedroht. Russlands Verteidigungsminister Sergej Schoigu habe Wagner-Lager im Hinterland mit Artillerie, Hubschraubern und Raketen angreifen lassen, sagte Prigoschin in einer ebenfalls von seinem Pressedienst auf Telegram verbreiteten Sprachnachricht. Er habe 25.000 Männer unter Befehl, die nun aufklären würden, warum solch eine Willkür im Land herrsche. «Wer versucht, uns Widerstand zu leisten, den werden wir als Bedrohung betrachten und sofort töten», drohte Prigoschin. Das russische Verteidigungsministerium bestritt einen Angriff.
«Feige wie ein Weib»
Prigoschins Angaben nach ist Schoigu extra an die nahe der ukrainischen Grenze gelegene Millionenstadt Rostow-am-Don gekommen, um die Operation gegen Wagner zu leiten. «Um 21.00 Uhr ist er geflohen – feige wie ein Weib – um nicht zu erklären, warum er Hubschrauber hat abheben und Raketenschläge durchführen lassen, um unsere Jungs zu töten. Dieses Biest wird aufgehalten», so Prigoschin. Er sprach von einer «großen Anzahl» an Toten, nannte aber keine genaue Zahl der angeblich bei dem Schlag getöteten Söldner.
Das Verteidigungsministerium wies die Vorwürfe umgehend zurück. Alle Anschuldigungen seien falsch und eine «Provokation», hieß es in einer am Abend verbreiteten Erklärung des Ministeriums.
Auch das Nationale Anti-Terror-Komitee nannte die Vorwürfe haltlos. «Die Behauptungen, die im Namen von Jewgeni Prigoschin verbreitet werden, entbehren jeder Grundlage. Darum hat der FSB auf der Basis dieser Aussagen ein Strafverfahren wegen des Aufrufs zu einem bewaffneten Umsturz eingeleitet», heißt es in der verbreiteten Erklärung der Behörde. Dem Komitee gehören neben dem FSB praktisch auch alle anderen russischen Sicherheitsorgane an.
Unterdessen schlug sich der wichtige russische Armeegeneral Sergej Surowikin auf die Seite des Machtapparats in Moskau. Surowikin, der Vizechef des russischen Generalstabs ist, rief Prigoschin in einer Videobotschaft dazu auf, den Machtkampf zu beenden. «Der Gegner wartet nur darauf, bis sich bei uns die innenpolitische Lage zuspitzt», sagte Surowikin in einer Videobotschaft. Surowikin gilt eigentlich als Verbündeter Prigoschins, entschied sich nun aber allem Anschein nach zur Loyalität dem Kreml gegenüber.
Schützenpanzer vor Duma in Moskau
Vor dem Hintergrund eines Machtkampfs zwischen der Söldnertruppe Wagner und den russischen Sicherheitsorganen sind im Stadtzentrum von Moskau gepanzerte Fahrzeuge aufgetaucht.
«In Moskau wurden die Sicherheitsmaßnahmen erhöht, alle wichtigen Objekte, wie Organe der Staatsmacht und Objekte der Verkehrsinfrastruktur, wurden unter verstärkte Bewachung genommen», berichtete die staatliche Nachrichtenagentur Tass unter Berufung auf die Sicherheitsbehörden. Zuvor waren Videos im Netz aufgetaucht, auf denen ein Schützenpanzer und ein gepanzerter Militärlaster vor dem russischen Parlament, der Staatsduma, entlang fahren.