Demonstrationen

Koran in Stockholm angezündet - Folgen für Nato-Antrag?

Schweden will in die Nato aufgenommen werden. Die türkische Blockade hat jedoch weiterhin Bestand. Eine provozierende Aktion in Stockholm könnte dem Beitrittsprozess nun neuen Sand ins Getriebe streuen.

Koran in Stockholm angezündet - Folgen für Nato-Antrag?

Zwei Wochen vor dem Nato-Gipfel in Vilnius ist weiterhin unklar, ob die Türkei ihre Blockade zum Bündnisbeitritt von Schweden bis zu dem Treffen aufgibt. In einem Gespräch mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) machte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan am Mittwoch abermals klar, dass Stockholm nicht auf ein baldiges Ja seines Landes zum schwedischen Nato-Beitritt hoffen könne. Während Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg seine Hoffnungen auf ein hochrangiges Treffen in der kommenden Woche setzt, führte ein angezündeter Koran in Stockholm zu neuen Verstimmungen in Ankara.

Schweden und Finnland hatten im Mai 2022 vor dem Eindruck des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine gemeinsam die Mitgliedschaft in der Nato beantragt. Finnland ist bereits Anfang April als 31. Mitglied in das westliche Verteidigungsbündnis aufgenommen worden. Schweden fehlt dagegen nach wie vor die Zustimmung der Türkei und Ungarns. Die türkische Führung blockiert den schwedischen Beitritt vor allem unter Verweis darauf, dass Schweden unzureichend gegen «Terrororganisationen» vorgehe. Dabei geht es ihr vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK.

Erdogan kritisiert «inakzeptable» Umstände

Erdogan habe Schweden Schritte in die richtige Richtung attestiert, hieß es nach dem Telefonat mit Scholz am Mittwoch in einer Mitteilung des türkischen Kommunikationsamtes zwar. Es gebe aber weiterhin «inakzeptable» Umstände wie die Genehmigung von Demonstrationen, auf denen «Terrorpropaganda» verbreitet werde, sagte Erdogan demnach.

Ob es bis Vilnius etwas wird mit dem Lösen der Blockade, ist angesichts dieser Worte ungewiss. Stoltenberg betonte am Mittwoch auf einer Pressekonferenz mit der estnischen Ministerpräsidentin Kaja Kallas, dass man daran arbeite, Schwedens Beitritt abzuschließen. Er habe daher ein Treffen zwischen hochrangigen Vertretern der Türkei, Schwedens und Finnlands für den Donnerstag in einer Woche einberufen. Teilnehmen sollen daran die Außenminister der Länder sowie Geheimdienstchefs und nationale Sicherheitsberater.

Gar nicht in diese Pläne passt da, dass in Stockholm erstmals seit Monaten wieder ein Koran bei einer öffentlichen Demonstration angezündet wurde - und das ausgerechnet während des muslimischen Opferfestes und vor der zentralen Moschee der Stadt. Das Opferfest (Eid al-Adha) ist neben dem Fastenbrechen nach dem Ramadan das wichtigste Fest im Islam.

Zwei Aktionisten

Aufnahmen des schwedischen Rundfunksenders SVT zeigten, wie ein Mann am Mittwochnachmittag hinter Absperrband der Polizei ein Exemplar der heiligen Schrift des Islams ansteckte. Neben ihm nahm offenbar nur ein weiterer Mann an der Aktion teil. Dutzende Menschen versammelten sich jedoch hinter den Absperrgittern, einige riefen wütende Worte, ein Mann warf einen Stein und wurde abgeführt. Insgesamt blieb es aber relativ ruhig.

Die Stockholmer Polizei erstattete im Anschluss Anzeige gegen den Veranstalter wegen Volksverhetzung sowie Verstoßes gegen ein geltendes Anzündeverbot. Sie hatte den Protest zuvor bewilligt, nachdem andere Aktionen dieser Art im Februar untersagt worden waren. Schwedische Gerichte hatten danach geurteilt, dass die Polizei nicht das Recht habe, die Erlaubnis zu Koranverbrennungen zu verweigern.

Islamfeindliche Aktionen in Stockholm - darunter das Verbrennen des Korans und das Aufhängen einer Erdogan ähnelnden Puppe - hatten im Januar für erheblichen Ärger mit der Türkei gesorgt. Inwieweit die Provokation vom Mittwoch neue Probleme für das schwedisch-türkische Verhältnis nach sich zieht, ist unklar. Der türkische Außenminister Hakan Fidan verurteilte eine derartige Aktion am ersten Tag des muslimischen Opferfestes jedoch bereits als «niederträchtig». In Richtung der schwedischen Polizei sagte er, solche Taten zu dulden bedeute, sich mit schuldig zu machen.