Nationalmannschaft

Fragen und Antworten zur Krise des DFB-Teams

Der missratene Saisonabschluss gegen Kolumbien und die schwachen Leistungen der Nationalmannschaft davor wirken nach. Was passiert jetzt? Und woran muss Hansi Flick arbeiten?

Fragen und Antworten zur Krise des DFB-Teams

Nach den drei jüngsten sieglosen Testspielen der deutschen Nationalmannschaft ist die Verunsicherung in Fußball-Deutschland groß – ebenso die Unzufriedenheit vor der Heim-EM im kommenden Jahr. Wie geht es weiter?

Was macht Hansi Flick jetzt?

An einen entspannten Urlaub ist nicht zu denken, die sportliche Krise und die Kritik an seiner Person werden den Bundestrainer auch nach Saisonende weiter beschäftigen. Im Trainerteam wird Flick vor allem die jüngsten Rückschläge analysieren und erste Schlüsse ziehen. Möglicherweise besucht er auch die aktuell in Georgien stattfindende U21-Europameisterschaft, bei der Flick Kandidaten für den Start in die EM-Saison im September unter die Lupe nehmen kann.

Muss Flick noch einen Rauswurf fürchten?

Nein. Ein Krisentreffen der nach der verpatzten WM gegründeten Task Force wird es nicht geben, wie DFB-Präsident Bernd Neuendorf bestätigte. Flick habe ihm in einem Telefonat zudem versichert, «dass wir im September eine Mannschaft sehen werden, die anders auftritt als zuletzt». Auch Sportdirektor Rudi Völler rückte von seiner vor der jüngsten Niederlage gegen Kolumbien getätigten Jobgarantie nicht ab. 

Welche Hauptaufgaben muss Flick nun angehen?

Die dringendste Aufgabe sei es, «einen Stamm von 10, 12, 14 Spielern dann auch wirklich festzuzurren und zu benennen», sagte Flick. Bedeutet: Die Zeit der Experimente und des Testens von Spielern ist vorbei. Flick wird die Besten für das 4-2-3-1-System auswählen, andere werden das Nachsehen haben. Er wird sich auch frühzeitig zur Personalie Thomas Müller erklären müssen: Entweder der Bayern-Star ist bei ihm ein Fixpunkt bis zur EM – oder er ist endgültig raus. Und: Flick muss nach der Pause öffentlich anders auftreten. Die Durchhalteparolen müssen einer Aufbruchstimmung weichen, um die EM-Euphorie doch noch zu entfachen.

Wie geht es für die Spieler weiter?

Sie verabschieden sich in den Urlaub. Der ist nach einer sehr langen Saison mit einer in vielerlei Hinsicht höchst missratenen Weltmeisterschaft dringend notwendig. Es gilt, neue Kraft zu tanken und auch die Köpfe frei zu bekommen, schließlich hatten viele Spieler auch mit ihren Clubs keinen guten Saisonendspurt. Ab Mitte Juli beginnt für die Nationalspieler auf Vereinsebene die Vorbereitung auf die neue Saison – ab dann zählen auch für die DFB-Auswahl keine Ausreden mehr.

Was sagen die Experten?

Die erste Forderung nach einer Trennung von Flick ist bereits ausgesprochen. Ex-Nationalspieler Dietmar Hamann sagte bei Sky: «Die Gefahr, dass das mit ihm schiefgeht, ist so groß, dass du jetzt handeln musst.» Auch ein Mangel an Alternativen dürfe kein Ausschlusskriterium sein: «Schlimmer als im Moment kann es nicht werden.» Rekord-Nationalspieler Lothar Matthäus würde Flick dagegen noch eine Chance geben – es sei denn, man habe intern Zweifel und einen besseren Kandidaten. «Dann muss man natürlich die Reißleine ziehen.» Der frühere Bundestrainer Berti Vogts sagte dagegen auf dpa-Anfrage: «Den Hansi Flick trifft gar keine Schuld.» Die Fehler seien in der Ausbildung des DFB und der Vereine gemacht worden. Bastian Schweinsteiger kritisierte in der ARD die Experimentier-Phase ein Jahr vor der Heim-EM: «Denn es entsteht auch nicht der besondere Geist, der dich als Mannschaft dann auch pusht.»

Wie ist die Stimmung bei den Organisatoren der Heim-EM?

Turnierchef Philipp ist besorgt. Der Ex-Weltmeister hatte die Lage schon vor der Niederlage gegen Kolumbien als «angespannt» bezeichnet. Es brauche nun «eine klare Strategie» – aber auch einen neuen Bundestrainer? Vielleicht positioniert sich Lahm diesbezüglich bei der Vorstellung des Ideenwettbewerbs zur EURO 2024 am Donnerstag in Hamburg öffentlich.

Warum muss der DFB bei der Trainerfrage auch die Finanzen im Blick haben?

Der Verband muss jeden Euro umdrehen, die finanzielle Lage ist seit Jahren angespannt. Alleine der neue DFB-Campus muss mit 18 Millionen Euro im Jahr unterhalten werden. Der Verband verzeichnete im Finanzbericht auch wegen nötiger Steuerrückstellungen ein Minus von 33,5 Millionen Euro. Für ein ganzheitliches Konsolidierungskonzept müssen einzelne Abteilungen bis Ende Juni Maßnahmen umsetzen. Mehr Geld verspricht sich der DFB aus dem neuen Grundlagenvertrag mit der Deutschen Fußball Liga. Die jetzige Vereinbarung läuft am 30. Juni aus.