Flüchtlinge

Faeser zu Besuch in Tunesien: Prekäre Lage für Migranten

Tunesien war einst die Wiege des Arabischen Frühlings. Diese Zeiten sind längst vorbei. Im Land macht sich Ernüchterung breit. Vor allem die Politik gegen afrikanische Ausländer treibt die Menschen fort.

Faeser zu Besuch in Tunesien: Prekäre Lage für Migranten

Bei ihrem Besuch in Tunesien hat Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) am Montag mit dem tunesischen Innenressortchef Kamel Fekih Fragen der Migration und Terrorismusbekämpfung beraten. Hintergrund des Treffens ist ein sprunghafter Anstieg der Zahl der Migranten, die in Booten Marke Eigenbau von Tunesien nach Europa aufbrechen, in der ersten Jahreshälfte.

Ein Grund dafür waren nach Einschätzung der Bundespolizei Äußerungen von Präsident Kais Saied, die im Februar zu einer Welle von Gewalt und Schikanen gegen Ausländer aus afrikanischen Staaten südlich der Sahara geführt hatten. Aber auch die Wirtschaftskrise in Tunesien trieb viele Menschen in die Boote.

Beamte der Bundespolizei, die in Tunesien seit 2015 ein Projekt für die Ausbildung und Ausrüstung der Sicherheitskräfte hat, hatten der Ministerin am Sonntagabend berichtet, in den Tagen nach der Rede des Präsidenten hätten sich praktisch keine Migranten aus diesen Ländern mehr auf die Straße gewagt. Später habe sich die Situation dann wieder entspannt.

Tunesien wichtiges Transitland für irreguläre Migration

Faeser betonte nach ihrer Ankunft in Tunis am Sonntag, es gehe ihr einerseits darum, Abschiebungen in das arabische Land zu erleichtern. Andererseits soll es für tunesische Arbeitskräfte mehr Möglichkeiten der Erwerbsmigration nach Deutschland geben. Faeser besucht Tunesien gemeinsam mit ihrem französischen Amtskollegen Gérald Darmanin.

Tunesien gehört aktuell neben Belarus zu den wichtigsten Transitländern für irreguläre Migration nach Europa. Allein in den ersten fünf Monaten kamen nach Kenntnis der Bundespolizei rund 26.000 Menschen auf diesem Weg, nach rund 4000 Bootsmigranten im Vorjahreszeitraum. Unter den irregulären Migranten sind auch Tunesier, die auf ein besseres Leben in Europa hoffen.

Mit Indien hatte die Bundesregierung Ende 2022 ein sogenanntes Migrationsabkommen vereinbart. Georgien und Moldau sollen demnächst folgen – auch wenn die in der Bundesregierung besprochene Einstufung dieser beiden Staaten als sogenannte sichere Herkunftsländer noch etwas länger dauern könnte.

Tunesien war einst die Wiege des sogenannten Arabischen Frühlings, einer Serie von Aufständen, durch die 2011 mehrere langjährige arabische Machthaber hinweggefegt wurden. Der frühere tunesische Präsident Zine al-Abidine Ben Ali floh damals nach Saudi-Arabien. Nach anfänglichen demokratischen Fortschritten machte sich in Tunesien Ernüchterung breit, unter anderem wegen der nach wie vor hohen Jugendarbeitslosigkeit.