Europameisterschaft

Di Salvos Kampf gegen das U21-Debakel

Nach den Erfolgen von Stefan Kuntz könnte Antonio Di Salvos Name bald für das erste Vorrunden-Aus einer deutschen U21 seit 2013 stehen. Sportdirektor Rudi Völler positioniert sich klar zur Zukunft.

Di Salvos Kampf gegen das U21-Debakel

Die schwierigste Prüfung seiner bisherigen Trainerkarriere versetzt Antonio Di Salvo nicht in Aufregung. Er bleibt - wie immer - stoisch ruhig und gelassen. Dabei droht dem Nachfolger von Stefan Kuntz als deutscher U21-Nationaltrainer gleich bei seiner ersten EM eine herbe Enttäuschung.

Nur mit einem Sieg im Alles-oder-Nichts-Spiel am Mittwoch (18.00 Uhr MESZ/Sat.1) gegen England und Schützenhilfe von Israel gegen Tschechien können Di Salvo und sein Team das erste Vorrunden-Aus seit zehn Jahren noch abwenden. Bei einem Scheitern wäre auch das angestrebte Ticket für die Olympischen Spiele 2024 futsch.

Der Name von Di Salvos Vorgänger Kuntz ist im deutschen Fußball eng verknüpft mit den Dauererfolgen der U21: Drei Final-Teilnahmen in Serie und die Titel 2017 und 2021 mit Co-Trainer Di Salvo. Dennoch würde dessen Name ohne Fußball-Wunder gegen England vor allem für das erste Vorrunden-Aus seit 2013 stehen. Di Salvo lässt sich davon nicht beirren. Er bereitet sein Team gewohnt akribisch auf den Topgegner England vor. «Wir werden alles daran setzen, das Spiel zu gewinnen. Das ist alles, was in unseren Händen liegt», sagte er.

Völler stärkt Di Salvo den Rücken

Trotz des drohenden EM-Debakels steht der frühere Profi des FC Bayern, von Hansa Rostock und 1860 München beim Deutschen Fußball-Bund laut Sportdirektor Völler überhaupt nicht infrage. Erst kurz vor dem Turnier wurden die Verträge von Di Salvo und seinem Co-Trainer Hermann Gerland bis 2025 verlängert. Und so wie Bundestrainer Hansi Flick trotz ernüchternder Leistungen weitermachen darf, bekommt auch Di Salvo das Vertrauen. «Wir haben den Vertrag verlängert, weil er ein sehr guter Trainer ist», sagte Völler und ergänzte mit Blick auf das drohende frühe Scheitern: «Das wird ihn nicht umwerfen, das passiert.»

Dabei liest sich Di Salvos Bilanz nach knapp zwei Jahren im Amt allenfalls mittelmäßig: Aus 15 Spielen holte er acht Siege, dem gegenüber stehen vier Niederlagen und drei Unentschieden. In der EM-Saison gab es in offiziellen Länderspielen gar nur einen Sieg gegen Italien im November, im März gelangen gegen Rumänien und Japan nur Remis.

Dennoch genießt der in Paderborn geborene Sohn italienischer Einwanderer beim DFB und im Team weiter hohe Wertschätzung. Nach Erfolgen als Co-Trainer rückte er im September 2021 in die erste Reihe und meisterte die EM-Qualifikation. Di Salvo gilt als Nachwuchs-Experte und als guter Kommunikator - auch wenn er kein Gute-Laune-Onkel mit flotten Sprüchen wie Kuntz ist. «Toni ist da überragend. Er spricht alle an und nimmt alle mit», lobte Co-Trainer Gerland, der als Fan von Flick und Vertrauter von Di Salvo gilt. Sein Chef habe «sehr gute Ansichten über Fußball und eine sehr gute Menschenführung».

Mangelnde Chancenverwertung bei DFB-Junioren

Dies bewahrte den 100-maligen Bundesliga-Spieler aber nicht vor dem frustrierenden EM-Start mit nur einem Punkt aus zwei Spielen. Beim 1:2 gegen Tschechien strich sich Di Salvo immer wieder fassungslos über den kahlen Schädel, wirkte rat- und auch ein wenig hilflos. «Da verzweifelt man auch als Trainer», sagte er mit Blick auf Chancenverwertung und Zweikampfverhalten und bemängelte mal wieder die fehlende Konsequenz seines Teams. 

Der so oft beschworene Teamgeist und die Harmonie zwischen Mannschaft und Trainer bekamen in Georgien jedenfalls schon erste Risse. «Wir müssen uns vielleicht einfach noch mal Plan B oder C überlegen, wenn wir mit Flanken nicht zum Torerfolg kommen, was wir dann alternativ tun können», sagte Yannik Keitel. Auf Di Salvos Matchplan kommt es auch gegen England an - um seine erste schwere Niederlage als Trainer doch noch abzuwenden.

Die voraussichtlichen Aufstellungen:

England: 22 Rushworth - 2 Aarons, 5 Harwood-Bellis, 12 Branthwaite, 3 Thomas - 6 Skipp, 8 Ramsey, 19 Elliott, 20 Palmer - 10 Smith Rowe, 9 Archer

Deutschland: 1 Atubolu – 2 Vagnoman, 5 Bisseck, 14 Matriciani, 22 Netz – 6 Krauß, 8 Keitel, 10 Stiller – 9 Schade, 19 Weiper, 21 Alidou

Schiedsrichter: Aliyar Aghayev (Aserbaidschan)