China will «Tradition der Freundschaft» hochhalten
China will die Regierungskonsultationen mit Deutschland dazu nutzen, die Zusammenarbeit zu vertiefen und Differenzen zu überwinden. Ministerpräsident Li Qiang warb nach der Ankunft der zehnköpfigen chinesischen Regierungsdelegation in Berlin dafür, Kooperationspotenziale auszuschöpfen und die strategische Partnerschaft zwischen beiden Ländern inhaltlich zu bereichern.
«Die heutige Welt befindet sich in einer neuen Phase von Wandel und Chaos», hieß in einer Erklärung Lis, die von der chinesischen Botschaft verbreitet wurde. «Gerade in solchen Zeiten ist es jedoch umso erforderlicher, dass die Menschen in China und Deutschland die Tradition der Freundschaft hochhalten.»
Empfang in Schloss Bellevue
Zum Auftakt des Deutschlandbesuchs wurde Li am Montag von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Schloss Bellevue empfangen. Es ist die erste Auslandsreise des neuen chinesischen Regierungschefs seit seinem Amtsantritt im März. Begleitet wird er von neun weiteren Regierungsvertretern, die am Dienstag an den deutsch-chinesischen Regierungskonsultationen teilnehmen.
Die chinesische Delegation wird bis Mittwoch im Land bleiben und nach den politischen Gesprächen in Berlin auch noch München besuchen, um dort Unternehmensvertreter zu treffen. Staats- und Parteichef Xi Jinping, der die Macht in dem Riesenreich immer weiter auf sich konzentriert, ist traditionell bei solchen Konsultationen nicht dabei.
Li hofft auf «starkes positives Signal»
«Es wird eine Reise sein, die unsere Freundschaft fortsetzt und die Zusammenarbeit vertieft», hieß es in der Erklärung Lis, die am späten Sonntagabend verbreitet wurde. Er hoffe auf ein «starkes positives Signal für stabile internationale Industrie- und Lieferketten sowie Weltfrieden und -prosperität».
Am Montagabend will Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) den chinesischen Ministerpräsidenten zum Abendessen empfangen, um die Regierungskonsultationen vorzubereiten. Die Bundesregierung führt solche Treffen regelmäßig mit besonders engen Partnern oder aber mit Ländern durch, die für sie besonders wichtig sind, wie China, Indien oder Brasilien.
Die Regierungskonsultationen mit China sind bereits die siebten seit der Premiere 2011 in Berlin. Auch Außenminister Qin Gang wird nicht dabei sein: Er musste wegen des Peking-Besuchs von US-Außenminister Antony Blinken passen.
Scholz erwartet «ganz wichtiges Arbeitstreffen»
Scholz erwartet nach eigenen Worten ein «ganz wichtiges Arbeitstreffen». Es sei der richtige Zeitpunkt, und es gebe eine Weltlage, in der es besonderen Sinn mache, sich miteinander auszutauschen, sagte er vor wenigen Tagen. Hauptthema soll der Kampf gegen den Klimawandel und der damit verbundene Umbau der Wirtschaft sein. Es dürfte aber auch um den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine gehen, in dem China mit seinem Sondergesandten Li Hui versucht zu vermitteln und auf Verhandlungen dringt.
Die Bundesregierung sieht China als Partner, Wettbewerber und systemischen Rivalen. «Wir sehen, dass dabei die Elemente der Rivalität und des Wettbewerbs in den vergangenen Jahren zugenommen haben», heißt es in der Nationalen Sicherheitsstrategie, die am vergangenen Mittwoch vom Kabinett beschlossen wurde. Mit Besorgnis wird in Deutschland neben der Einschränkung von Freiheitsrechten und dem Umgang mit Minderheiten in China vor allem das Großmachtstreben des Landes in der Indopazifik-Region gesehen.
Peking kritisiert Sicherheitsstrategie
Die deutsche Sicherheitsstrategie stieß in China auf deutliche Kritik. Internationale Beziehungen aufzubauen, «indem man andere als Konkurrenten, Rivalen oder sogar Gegner betrachtet und normale Zusammenarbeit in Fragen der Sicherheit und Politik verwandelt, wird unsere Welt nur in einen Strudel der Spaltung und Konfrontation treiben», sagte Außenamtssprecher Wang Wenbin dazu.
Eine spezielle China-Strategie will die Bundesregierung in den nächsten Wochen vorlegen. Scholz war bereits im vergangenen November zu seinem Antrittsbesuch in China – als erster westlicher Regierungschef nach dem Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas, auf dem der Präsident seine Macht festigte.