"Requiem" und "Te Deum" von Haydn

Warum es beim Konzert des Kirchenchores Offenes Singen in Hermaringen standing ovations gab

Eine furiose Rückkehr mit einem Programm von höchstem Anspruch gab es beim ersten Konzert nach Corona. Was die Besucher erwartete.

Warum es beim Konzert des Kirchenchores Offenes Singen in Hermaringen standing ovations gab

Da hatte sich der Kirchenchor Offenes Singen unter der Leitung von Marlis Bernet-Götz ja ganz schön viel vorgenommen: Das "Te Deum" von Joseph Haydn und das "Requiem in c" vom Bruder Michael Haydn standen auf dem Programm des Konzerts, das eigentlich bereits für März geplant war, krankheitsbedingt aber verschoben werden musste. Jetzt konnte es über die Bühne gebracht werden – und das ist fast schon eine despektierliche Formulierung, denn es war ein glanzvoller Erfolg. Und nahezu alle Zuhörer in der vollbesetzten Marienkirche in Hermaringen standen am Ende auf, um die Darbietung mit langanhaltendem Beifall zu bedenken.

Auch für Profis eine harte Nuss

In dem Beifall steckte eine ordentliche Portion Respekt  vor der Programmwahl: Michael Haydns "Requiem in c" ist auch für Profis eine harte Nuss. Um so mehr gilt dies für einen Chor, der nicht nur nicht professionell ist, sondern auch eine lange Corona-Auszeit hinter sich hat. Und um so beachtlicher deshalb, wie hervorragend diese Herausforderung gerade vom Chor gemeistert wurde. All die Tücken, die in der Dynamik und im Tempo des Requiems stecken, der beachtlich große Chor meisterte sie mit Bravour und bewies mit seinem Vortrag sensibles Gespür dafür und eine wahrlich reife Leistung. Hochkonzentriert, klar und präzise brachte der Gesang des Kirchenchors das Requiem zur vollen Blüte und das Publikum dazu, andächtig zu lauschen. Michael Haydns Requiem kann in seiner Strahlkraft tief zu Herzen gehen und zu Tränen rühren, wenn es denn mit eben jenem Gespür umgesetzt wird. Und das war hier der Fall, wenn Feingefühl auf Können trifft. Marlis Bernet-Götz hat ihren Chor hier richtiggehend gefordert und diesen dazu gebracht, über sich hinauszuwachsen. Sie weiß eben, was in ihren Sängerinnen und Sängern steckt und offenbar auch, wie sie dies herausholen kann. Das Lob kann sich auch Marion Zenker auf die Fahnen schreiben. Sie hatte die Einstudierung mit dem "Ensemble Herimar" übernommen und erreicht, dass das Ensemble ebenso souverän wie virtuos den Anspruch des Werks parierte, die feinsten Nuancen aufspürte und umsetzte. Und das scheinbar ganz mühelos, obwohl das Requiem auch für die Musiker alles andere als ein Spaziergang war.

Schließlich gab es ja auch noch die Solisten, die zusätzlichen Glanz in die Aufführung brachten. Susanne Langbeins klarer kräftiger Sopran, Karina Schoenbecks weicher und eingängiger Mezzosopran hoben die Tiefe des Werks bestens hervor. Und Tenor Christian Zenker und Bass Florian Götz überzeugten keinesfalls nur durch Heimvorteil, sondern abermals mit ihrem Können. Denn auch für sie gilt, dass das Requiem ja nicht mal eben so mit links zu bewerkstelligen ist.

Glanzvoll verschmolzen

Großen Eindruck machte auch das Zusammenspiel aller Beteiligten. Wie hier die Einzelteile zu einem großen, stimmigen und glanzvollen Ganzen verschmolzen, das war ein großer Genuss. Chapeau also vor allen Mitwirkenden – das war ein Meisterstück.

Endete das Konzert im Überschwang des Publikums über dieses Requiem, so hatte es auch im Überschwang begonnen. Derjenige aus Joseph Haydns "Te Deum" ist gemeint, mit dem Kirchenchor und "Ensemble Herimar" für einen mitreißenden Auftakt sorgten. Auch hier boten die Beteiligten scheinbar mühelose Intensität, nuancierte Klangfarben und schwungvolle Dynamik und überzeugten das Publikum restlos.

Romanze voller Anmut

Überschwang und Tiefe also, und dazwischen steckte eine veritable Romanze. Carl Maria von Webers "Romance für Posaune und Streicher" bildete einen weiteren Höhepunkt des Konzerts. Hannes Färber, der Leiter der Stadtkapelle Giengen, an der Posaune und die Streicher des "Ensembles Herimar" verzauberten das Publikum mit weicher Anmut und zarter Eleganz und auch das wurde begeistert beklatscht – auch wenn Beifall eigentlich erst am Ende des Konzerts gewünscht war.

Der kam dann auch – lange und voller Hochachtung, wie schon eingangs beschrieben. Zugabe also? Nach diesem Requiem? Marlis Bernet-Götz tat gut daran, auf die Zugabe zu verzichten. Und überhaupt kann man über dieses Konzert sagen: Alles richtig gemacht. Hervorragendes Programm, nicht zu lang, dafür umso gehaltvoller. Dem Kirchenchor ist damit eine blendende Rückkehr gelungen.